Dark Diamonds hält genau wie Impress, das zweite E-Book-Label von Carlsen, meistens ein paar ganz besondere Schätze bereit. In diesem Fall habe ich leider danebengegriffen, dabei sind Märchenadaptionen generell eigentlich super interessant, wenn sie dann gut gemacht wurden. Ich bedanke mich ganz artig für das Rezensionsexemplar beim Carlsen Verlag und bei NetGalley!
Bibliografische Daten:
Titel: True Tales 1: Tochter des Schnees
Autor: Veronika Rothe
Seiten | 263 |
Alter | ab 16 Jahren |
ISBN | 978-3-646-30161-8 |
D:
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A:
4,99 €
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(Quelle: Produktseite des Verlags)
„Seit Jahrhunderten umschließt ein
magischer Bann das Winterreich und hält die junge Holle darin
gefangen. Erst als Marie, ein Menschenmädchen, durch einen Zauber zu
ihr gelangt, scheinen die Gesetze ihrer Welt nicht mehr zu gelten.
Doch Marie ist alles andere als begeistert, von ihrem Verlobten
getrennt worden zu sein. Um ihr Heimweh zu lindern, gewährt Holle
ihr einen Blick auf ihre Liebsten. Womit Holle nicht rechnet, ist die
Sehnsucht, die Maries unglaublich attraktiver Bruder bei ihr selbst
auslöst. Sie weiß nicht, dass er bereits nach einem Weg in ihr
Reich sucht – und dass er Holle für das Verschwinden seiner
Schwester verantwortlich macht...“
(Klappentext vom Verlag)
Neuaufgelegte Märchen haben auf mich
schon immer einen Sog ausgeübt. Ich finde es höllisch interessant,
was die Schriftsteller aus klassischen Märchen und Sagen alles
machen können, sei es nun die Geschichte aus der Sicht eines
Bösewichts, ein komplett modernisiertes Märchen im 21. Jahrhundert
oder einfach ein paar Dinge in der Handlung geändert, das Ergebnis
ist fast immer faszinierend.
Aber leider eben auch nur fast
immer.
Was ich bei diesem Buch problematisch
finde, ist die Länge. Natürlich ist die Story auf eine Reihe
ausgelegt, dennoch finde ich, dass man mehr hätte in die Tiefe gehen
müssen. Stattdessen wird die Handlung in Windeseile durchrannt und
ehe man sich versieht, ist man auch schon fertig und denkt sich:
„Wie, das war's jetzt schon?“
Man kommt zwar sehr gut in die
Geschichte rein, der Schreibstil ist leicht und angenehm, sodass man
schnell voran kommt, aber ich hätte mir einen größeren Fokus auf
die Figuren und ihre charakterliche Entwicklung gewünscht. Es geht
alles viel zu schnell, das gefällt mir leider nicht und wirkt ein
bisschen als wäre es die gekürzte Version dessen, was das Buch
eigentlich hätte werden sollen oder können.
Durch die hastige Erzählweise war es
auch nur schwer möglich, eine Beziehung zu den Protagonisten
aufzubauen, und besonders Marie, die zudem auch keinen besonders
langen Auftritt hat, ist mir nur schemenhaft im Gedächtnis
geblieben. Ihren Verlobten Hannes lernt man so gut wie gar nicht
kennen, der größte Fokus liegt auf Holle und Maries Bruder Karl,
wobei ich letzteren total unsympathisch und Holle zu farblos finde,
und das nicht nur, weil an ihr alles weiß zu sein scheint. Sie
erzählen zwar beide aus ihrer Ich-Perspektive, aber mir hat es nicht
wirklich Freude bereitet, in ihre Köpfe schauen zu können. Karl ist
hin und her gerissen zwischen unzähmbarer Wut wegen Maries
Verschwinden und Verwirrung, weil Holle nicht die hassenswerte Hexe
ist, die er sich ausgemalt und erhofft hatte. Holle dagegen scheint
generell total überfordert mit allem zu sein, die beiden ergeben
eine anfangs sehr anstrengende Kombination.
Die Idee, Frau Holle in ein jüngeres
Gewand zu stecken, gefällt mir an sich total gut. Auch Marie als
Anlehnung an Gold- und Pechmarie aus dem richtigen Märchen mochte
ich, ebenso wie es genau zu ihrem Aufenthalt bei Holle kam und wie
der abzulaufen hat. Der Ausbruch aus dieser Regelmäßigkeit war dann
natürlich der Anfang eines noch viel größeren Unglücks und hätte
eine spannende Geschichte einläuten können, wäre da nicht die
bereits angesprochene fehlende Tiefe und Ruhe des Ganzen gewesen.
Mein Fazit:
Alles ging zu schnell, die Figuren
waren mir zu oberflächlich und es hat an Sympathie für die
Handelnden gemangelt. So bekommt das Buch trotz guter Ansätze und
spannender Idee leider nur die Hälfte der möglichen Punkte von mir.
Leser, die eine tiefgehende, packende Story erwarten, werden
wahrscheinlich enttäuscht, solche, die nur ein bisschen kurzweilige
Zugfahrt- oder Einschlaf-Lektüre suchen, dürften auf ihre Kosten
kommen.
Aufgerundete drei von fünf Sternen!
★★★☆☆