Titel: Der beste Beweis bist du selbst
geschrieben von Jesmeen Kaur Deo
geschrieben von Jesmeen Kaur Deo
übersetzt von
Meritxell Piel
ISBN:
978-3-03880-063-7
396 Seiten, Hardcover
Erscheinungsdatum: 16.03.23
empfohlen ab 14 Jahren
Preis (Print): 20,00€
Klappentext:
Klappentext:
TJ Powar ist sportlich, beliebt und ein Ass im Debattierklub, in dem sie mit ihrer Cousine Simran meist im Team antritt. Als nach einem gewonnenen Wettbewerb das Siegerfoto der beiden zu einem fiesen Meme verunstaltet wird, das sich über Simrans Körperbehaarung lustig macht, ist TJ schockiert. Sie beschließt, ihre ganz eigene These aufzustellen: »TJ Powar kann ihr haariges Selbst und trotzdem schön sein.« Um das zu beweisen, wirft sie zu Hause Rasierer und Pinzetten weg, cancelt ihre Termine im Waxing-Studio und findet sich schon bald in wortwörtlich haarigen Situationen wieder. Doch ihre sonst so selbstsichere und schlagfertige Art beginnt zu bröckeln, als sie merkt, dass ihr Projekt sie weit mehr kosten könnte als den Platz zwischen ihren Augenbrauen. Es ist ausgerechnet Charlie, ihr härtester und nervigster Debattierkonkurrent, der ihr einige Argumente zum Beweis ihrer These liefert …(Quelle Daten, Text & Cover inkl. Copyright: Arctis Verlag)
Der beste Beweis bist du selbst. Der
beste Beweis für die These, dass dein Äußeres nicht das Kriterium
sein sollte, nach dem andere sich ein Bild von dir machen. Dass man
respektiert und geliebt werden kann und sollte, unabhängig davon wie
man aussieht. Ob man größer oder kleiner, dicker oder dünner, oder
eben behaarter ist als andere, so wie TJ, man verdient es nicht,
verurteilt zu werden. Man ist wertvoll, genau wie alle anderen.
Das sind alles Wahrheiten, die ganz
selbstverständlich für uns Menschen sein sollten. Derer sich viele
wohl auch bewusst sind, die man aber nicht immer sofort beherzigen
und leben kann. TJ's Geschichte zeigt deutlich, wie schwer es ist,
sich von den Erwartungen, die die Gesellschaft an das Aussehen von
Menschen hat, zu lösen, auch als selbstbewusste Person. Wie viel
Mühe und Kraft es kostet, sich nicht vom Strom mitreißen zu lassen,
sondern gegen an zu schwimmen.
Die Protagonistin TJ Powar ist für
mich ein riesiges Vorbild. Als behaarte Frau wird man von der
Gesellschaft automatisch als weniger weiblich wahrgenommen, es wird
erwartet, dass man sich stets glatt und haarlos zeigt. Gender wird in
diesem Buch als fragiles Konstrukt beschrieben, was von der breiten
Masse an verschiedenste Bedingungen geknüpft ist, vorwiegend
äußerlicher Natur. Und das trifft es in meinen Augen auf den Punkt.
So kommt es dann, dass TJ nach ihrem
eigentlich sehr mutigen Entschluss, sich nicht weiter zu enthaaren,
zunehmend mit negativer Aufmerksamkeit und fiesen Kommentaren
konfrontiert ist, die sie ins Wanken bringen. Diesen Prozess mit ihr
zu durchleben, von der ersten Entschlossenheit über die Zweifel, die
ständig geschürt werden bis hin zum Finale, war hochgradig
emotional. TJ's Gefühle und Gedanken wurden zu jeder Zeit
authentisch und nachvollziehbar wiedergegeben, man ist nah bei ihr
und dadurch ein Teil dieser intensiven Geschichte. Genau so soll es
in meinen Augen sein, wenn man eine Story mit so einer wichtigen
Message zur Body Positivity liest.
TJ erzählt schonungslos ehrlich, was
in ihr vorgeht. Dabei reflektiert sie sich, ihr Verhalten und das
Verhalten anderer, seien es Mitschüler:innen, Freunde oder Familie,
über das Buch hinweg so gekonnt, dass ich sie nur bewundern kann.
Natürlich macht auch sie Fehler, das gehört zum Prozess dazu. Aber
alles in allem macht sie eine persönliche Entwicklung durch, die ich
vielen Figuren in ihrem Alter nicht auf diese Weise zutrauen würde.
Dazu trägt auch bei, dass sie durch ihre Erfahrung im Debattieren
über ein Geschick für Sprache verfügt, das mich nach einer ihrer
eindringlichsten Ansprachen am Ende des Buches sprachlos und mit
Tränen in den Augen zurückgelassen hat.
Das Debattieren zieht sich als
kontinuierliches Motiv durch das ganze Buch. Bisher hatte ich mich
damit noch nicht weiter auseinandergesetzt und es eher als
amerikanisch-kanadisches Ding abgestempelt und war dann ganz
erstaunt, dass ich die Wettbewerbe, die hier öfter eine Rolle
spielen, mich keineswegs langweilten, sondern ich von der
Redegewandtheit der Schüler:innen unglaublich beeindruckt war.
Auch Charlie, TJ's ärgster Konkurrent,
spielt eine große Rolle in TJ's persönlicher Debatte um ihre Haare.
Anfangs kann man die Feindschaft zwischen den beiden förmlich
greifen, doch je mehr Zeit man in Charlies Anwesenheit verbringt,
desto wohler fühlt man sich bei ihm, so ging es mir zumindest. Er
ist scharfsinnig, hat einen trockenen Humor und einen ausgeprägten
Gerechtigkeitssinn, was ihn TJ sehr ähnlich macht und auch ein gutes
Match für sie abgibt. Die Beziehung der beiden zueinander entwickelt
sich für mich in einem sehr angenehmen Tempo, ausgehend von einer
Feindschaft zu einem vorsichtigen Waffenstillstand zu noch mehr,
wenngleich man auch hier natürlich nicht ohne Dramen auskommt.
Gestört hat mich das keinesfalls, das erwartet man bei einem
sensiblen Thema wie Body Positivity vermutlich auch.
Die Message, die das Buch vermittelt,
ist klar: Liebt euch, wie ihr seid. Jeder Mensch ist die Liebe und
den Respekt wert, egal wie ihr ausseht. Haare machen euch nicht
weniger weiblich, enthaart zu sein macht euch nicht weniger männlich,
Haare haben kein Gender. Ihr seid, wer ihr seid, und niemand außer
euch hat da Mitspracherecht oder die Erlaubnis zu urteilen.
Mein Fazit:
Ich habe jede Seite
geliebt und würde, wenn ich könnte, jede Person da draußen mit
einem Exemplar dieser wichtigen und emotionalen Geschichte
ausstatten. Es war mir ein Fest und eine Ehre, TJ bei ihrer Debatte
um ihre Haare zu begleiten und kann allen dieses Plädoyer für Body
Positivity nur dringlichst ans Herz legen.
⭐⭐⭐⭐⭐