Mittwoch, 22. April 2020

Rezension zu "Reckless - Steinernes Fleisch" (Cornelia Funke)

Bibliografische Daten:
Titel: Steinernes Fleisch
Reihe: Reckless
Autor: Cornelia Funke
Altersempfehlung: ab 14 Jahren
ISBN: 978-3-7915-0095-9
Erscheinungstermin: 23.03.2020
Seiten: 352
Verlag: Dressler Verlag

Klappentext:
„Treten Sie ein in die Welt hinter dem Spiegel!
Obwohl Jacob Reckless stets darauf geachtet hat, die Welt hinter dem Spiegel vor seinem Bruder Will geheim zu halten, ist dieser ihm gefolgt und gerät in tödliche Gefahr: Will wird von einem Goyl angegriffen und beginnt, zu Jade zu versteinern. Allein die Feen besitzen die Macht, das Steinerne Fleisch aufzuhalten. Dennoch versucht Jacob verzweifelt, seinen Bruder zu retten. Gemeinsam mit Clara, Wills großer Liebe, und der Gestaltwandlerin Fuchs begibt Jacob sich auf die gefährliche Reise.“

Cornelia Funke dürfte nahezu jedem, der gern Kinder- und Jugendbücher liest, ein Begriff sein. Und ebenso wie ihre Tintenwelt-Reihe sie bereits besitzt, finde ich, dass Reckless eine mindestens ebenso große Bekanntheit und Anerkennung gebührt. Ich für meinen Teil empfinde diese Reihe mit Abstand als die gelungenste Schaffung der Autorin und daher war es für mich ein Muss, das bereits länger geplante Re-Read mir der neuen, überarbeiteten Fassung zu starten.

Ich muss direkt gestehen, dass mir nicht viele Unterschiede aufgefallen sind. Mein letztes Reckless-Leseerlebnis ist schon eine ganze Weile her und ich lese generell eher weniger detailversessen, bzw. vergesse leider Gottes immer recht schnell wieder viele Einzelheiten. Was mir allerdings (vermeintlich) an dieser Ausgabe aufgefallen ist, ist der Schreibstil von Cornelia Funke, den ich damals nicht so prägnant in Erinnerung hatte. Diese Ausgabe von Reckless hat mich sehr stark an das Labyrinth des Fauns erinnert, ähnlich düster und ebenso sehr Funke.

Märchenadaptionen gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Die wenigsten davon sind rosarot, auch Reckless nicht. Es ist düster, gefährlich, schonungslos und ab und zu ein wenig brutal, und ich liebe es dafür. Vielen war das zu viel, zu hoffnungslos, zu dunkel und ich kann es verstehen. Aber ich wurde durch den einzigartigen Schreibstil in die Spiegelwelt gesogen und nicht mehr freigegeben. Fuchs und Jacob haben mich entführt und ich könnte ihnen nicht dankbarer dafür sein. Es ist diese Mischung aus unausgesprochenen Gedanken und Gefühlen, die dem direkten Dialog beigemischt wird, die so charakteristisch für Cornelia Funke ist.

Das Innenleben der Figuren liegt dem Leser so offen vor, dass man sich einfach in jede einzelne davon verlieben muss. Man fiebert mit den Helden mit, hasst mit den Feinden, liebt mit den Freunden. Man ist mit ihnen misstrauisch, verwirrt und am Boden zerstört, man möchte sie aufbauen, packen und zurechtweisen, man will schreien und lachen. Am meisten liegt mir Fuchs am Herzen, die zugleich ihre Gefühle krampfhaft verstecken will und sie doch so offen auf der Zunge trägt.
Will und Clara mochte ich auch, aber besonders Clara wollte ich häufiger packen und ordentlich schütteln. Sie tut sich so schwer, sich mit den Besonderheiten der Spiegelwelt abzufinden und sie zu akzeptieren, sie ist zu „normal“ dafür.

Ich liebe an diesem Buch auch, dass ich nicht ahnen konnte, hinter welcher Ecke wieder etwas Unvorhergesehenes wartet und die ganze Geschichte über den Haufen wirft. Immer, wenn ich denke, dass ich weiß, wo die Reise hingeht, kramt Frau Funke einen neuen Wegweiser aus ihrer Tasche, der alles durcheinander bringt.

Die Märchenanteile sind in diesem Buch raffiniert eingebunden. Manche Märchen bekommen einen komplett neuen Anstrich, einige werden übernommen, wie sie sind, aber fast alle haben einen etwas düsteren, fast schon hoffnungslosen Touch. Es ist faszinierend und zugleich bedrückend, was mit den Märchen hinter dem Spiegel geschehen ist, wie die Zeit und die Erzählung sie in zwei verschiedene Richtungen verändert haben.

Mein Fazit:
Ich liebe es einfach. Traumhaftes Setting, liebevoll ausgearbeitete Figuren, spannender Plot und das alles im Gewand eines Märchens, von dem man bis zuletzt nicht weiß, ob es für den Prinzen und seine Prinzessin ein „..dann leben sie noch heute.“ gibt. 

Fünf von fünf Sternen
★★★★★