Donnerstag, 1. April 2021

Rezension zu "Vardari - Eisenwolf" (Siri Pettersen)

Daten zum Buch:
Titel: Vardari - Eisenwolf
Autor: Siri Pettersen
Erscheinungsdatum: 18.03.21
Format: Hardcover
Seiten: 544
ISBN: 978-3-03880-042-2
Preis (Print): 20,00€

Klappentext:

Juva ist eine Blutleserin, will es aber auf keinen Fall sein: Sie hat sich geschworen, niemals eine von jenen zu werden, die es aufgrund ihrer Fähigkeiten nur auf Macht und Geld abgesehen haben. Doch als ihre Familie von den Vardari bedroht wird, den Unheimlichen, niemals Alternden, wird Juva in die Jagd nach dem Erbe der Blutleser verwickelt: ein dunkles Geheimnis, das einst die Welt verändert hat und es möglicherweise wieder tun wird. Doch Juva hat ihr eigenes Trauma zu bewältigen, denn sie hat den Teufel gesehen …
(Quelle Daten, Text & Bild: Produktseite bei W1-Media)
Man sieht es der Auswahl an Rezensionen auf meinem Blog in letzter Zeit zwar nicht an, aber ich stehe enorm auf Fantasy. Düster, geheimnisvoll, spannend, episch, damit kriegt man mich, auch wenn ich solche Bücher selten zwischen Tür und Angel lesen kann. Für solche Geschichten brauche ich Zeit, muss mich in sie hineinfinden können, möchte dem Geschehen bis ins kleinste Detail gerecht werden. Kurz: Ich brauche ewig dafür. Aber das ist es mir persönlich wert, die kleinen Frustmomente, in denen man denkt, man kommt ja doch nie zum Ende, weil man so liest, wie eine Schnecke kriecht.
 
Auch für „Vardari – Eisenwolf“ habe ich für meine Verhältnisse eine kleine Unendlichkeit gebraucht, dazu kommt, dass das Buch auch nicht gerade schlank ist. Aber jede Seite hat sich gelohnt, auch wenn ich besonders anfangs nur sehr langsam vorangekommen bin. Die Welt war neu und ungewohnt, man wurde mitten ins Geschehen geworfen und hat kaum ein erklärendes Wort bekommen, nur Fakten, Fakten und Fakten, mit denen man sich dann irgendwie arrangieren musste. Das mag nicht für jeden was sein, aber ich hatte enorm Spaß daran, alle Details aufzusaugen, Verbindungen zu finden und Erklärungen für das Unbekannte zu suchen, die im Laufe der Geschichte Stück für Stück eingestreut werden.
 
Je weiter die Erzählung fortschritt und je mehr Klarheit man über die ganzen Geheimnisse erlangt hat, desto schneller zogen die Seiten an mir vorbei. Nachdem man die anfängliche Phase des Aufpassens wie ein Schießhund, dass man auch ja kein Detail übersieht, überstanden hat, kann man die Geschichte richtig genießen, so ging es mir zumindest. 
Die Stimmung ist packend dunkel, gefährlich und spannend, und sie übt einen düsteren Sog auf den Leser aus, der sich dem Geschehen, so grausam es stellenweise auch ist (und das ist es weiß Gott wirklich), bald nicht mehr entziehen kann und will.
 
Was mir persönlich ebenfalls aufgefallen ist, ist die Ausdrucksweise im Buch. Teils sehr vulgär und umgangssprachlich, derb und nicht sehr gewählt, gepaart mit norddeutschen Begriffen, das hat das nordische, grobe Feeling perfekt widergespiegelt. Noch dazu die trockenen Witze, die die Figuren hin und wieder fallen lassen, einfach genial gemacht.
 
Es wird aus der Sicht auf verschiedene Figuren erzählt, im Mittelpunkt steht jedoch immer die junge Jägerin Juva. Mir gefiel sie als Protagonistin unheimlich gut, da sie neben ihrer Stärke und ihrem Argwohn, ihrer Entschlossenheit und ihrem Kampfeswillen auch Schwächen zeigt. Sie ist nicht immer die taffe Frau, die sie zu sein vorgibt, und das macht sie umso liebenswerter. Ich habe sie von der ersten bis zur letzten Seite aus vollstem Herzen unterstützt, selbst wenn sie ab und zu in meinen Augen etwas zu impulsiv oder naiv gehandelt hat.
 
Unter den Nebenfiguren tummeln sich etliche schwarze Schafe, denen man nicht weniger als den Tod wünschen würde, einige schüren auch nach dem Beenden des Buches noch ausgewachsene Aggressionen in mir. Aber authentisch und vielschichtig sind sie allesamt, vom Ekelpaket über die „Gehilfen“ bis hin zur Protagonistin. Meinen persönlichen Favoriten (Gríf) kann ich nicht näher charakterisieren ohne zu spoilern, aber JESUS! Ist das eine tolle Figur!
 
Das Highlight des Buches ist neben der Atmosphäre, dem Schreibstil und den Figuren natürlich das Worldbuilding. Man befindet sich im selben Universe wie bei der Rabenringe-Trilogie der Autorin, man muss diese allerdings nicht gelesen haben, um Eisenwolf zu verstehen, das hat die eigene Erfahrung bewiesen. Anderen Mitlesern zufolge gibt es aber viele Parallelen zwischen den Geschichten, es lohnt sich also, beide Reihen zu verfolgen.
 
So schwierig sich der Anfang auch gestaltete, so begeistert war ich auch spätestens ab der Hälfte des Buches von all den fremdartigen Ideen, die die Autorin hat und den vielen Plot Twists, die sie uns bescherte. Man ist förmlich aufgegangen zwischen all den neuen Entwicklungen und der Fantasie, die man präsentiert bekommt.
 
Das Ende hat mich ein wenig ratlos zurückgelassen. Auf einen gemeinen Cliffhanger wird Gott sei Dank verzichtet, aber so richtig zufrieden bin ich trotzdem nicht, was das Bedürfnis nach der Fortsetzung nur noch mehr schürt. Es ist wie ein unterschwelliges Jucken im Kopf, man weiß, dass es eigentlich gut ist, so wie es ist, aber dennoch fehlt etwas. Ich habe viele Fragen, sowohl zu Dingen, die schon passiert sind, als auch zu welchen, die noch passieren werden.
Eines ist allerdings sicher: Ich liebe das Buch!
 
Mein Fazit: 
Komplexes Worldbuilding, neuartige Fähigkeiten, vielschichtige Figuren und eine fantastisch düstere Atmosphäre mit Sogwirkung, das alles beschert einem der „Eisenwolf“. Ich bin dem Buch mit Haut und Haaren verfallen und kann die Fortsetzung kaum noch erwarten!
Natürlich gibt es 5 von 5 Sternen von mir. 
⭐⭐⭐⭐⭐