Titel: I'm glad my mom died
geschrieben von Jennette McCurdy
geschrieben von Jennette McCurdy
übersetzt von
Henriette Zeltner-Shane, Sylvia Bieker
Verlag: FISCHER Taschenbuch
Erscheinungstermin: 24.05.2023
384 Seiten, Klappenbroschur
ISBN: 978-3-596-70888-8
Erscheinungstermin: 24.05.2023
384 Seiten, Klappenbroschur
ISBN: 978-3-596-70888-8
Preis (Print): 18,00€
Klappentext:
Seit sie denken kann, wird Jennette von ihrer Mutter beherrscht, emotional erpresst und psychisch wie körperlich missbraucht. Das einzige, was Debra sich für ihre Tochter – aber vor allem für sich selbst – wünscht, ist Jennettes Erfolg als Fernseh-Star. Für Jennette beginnt ein Kreislauf aus Castings, Angstattacken und Selbsthass. Dann bekommt sie die Rolle als Sam Puckett in der Nickelodeon-Serie »iCarly« – eine Rolle, in der sie sich gedemütigt fühlt und Produzenten ausgesetzt ist, die ihre Macht missbrauchen. Als Debra an Krebs stirbt ist Jennette 21 Jahre alt und hat das Zentrum ihres Lebens verloren. Das einzige, worüber sie noch Kontrolle hat, ist ihr Essverhalten und die junge Frau stürzt ab in Essstörungen, Alkoholsucht und toxische Beziehungen.Einzig eine wegen ihrer Bulimie angefangene Therapie erweist sich als Jennettes Weg in die Freiheit. Es kostet sie Jahre um zu erkennen, was ihre Mutter ihr ein Leben lang angetan hat. Doch jetzt kann sie zum ersten Mal entscheiden, was sie selbst möchte, und es ist an der Zeit, die Kontrolle über ihre eigene Zukunft zu übernehmen.
(Quelle Daten, Text & Cover inkl. Copyright: Fischer Verlag)
Jennette McCurdy war mir aus meiner von
Nickelodeon-Serien begleiteten späten Kindheit und Jugend ein großer
Begriff. Ich habe ihre Rolle immer bewundert, aber damals zugleich
auch nicht mehr in ihr gesehen als Sam, die Serienfigur, eine
lustige, sich ständig prügelnde, resolute junge Frau. Dass ein ganz
anderer Mensch dahinter steckt, ein Leben, was so gar nichts mit der
verkörperten Rolle zu tun hat, verdrängen viele oft, das geht
sicher nicht nur mir so. Und gerade der Hauptzielgruppe, den Kindern,
kann man da auch keinen großen Vorwurf draus machen, zumal Jennette
lange Zeit während der Drehzeit von iCarly selbst noch sehr jung war
und sich entsprechend viele jüngere Zuschauende mit ihr
identifizieren konnten.
Doch was, wenn dieses Kind erwachsen
wird? Was, wenn dieser Mensch merkt, dass er eigentlich immer etwas
ganz anderes wollte? Dass es nie die eigenen Wünsche waren, die man
verfolgt hat, sondern die der Mutter? Was, wenn man feststellt, dass
die Person, die man am meisten auf der Welt zu lieben glaubte, der
Grund für den Eintritt in die ganz persönliche Hölle ist?
All das durchlebt die Autorin während
des Buches mit den Lesenden zusammen noch einmal. Sie rollt ihre
Kindheit von Anfang an auf, beleuchtet ihr Leben ungeschönt und
voller Ehrlichkeit, mitsamt aller Macken, Fehlentscheidungen, schönen
und grausamen Momente. Sie zensiert nichts, weder ihre toxische
Beziehung zur Mutter, noch ihre immer wiederkehrenden Essstörungen,
nicht die Übergriffe beim Dreh einiger Serien, nicht die
Schattenseiten der Medienbranche.
Es nimmt beim Lesen sehr mit, wie
hoffnungslos Jennettes Leben an manchen Stellen scheint, wie sehr sie
leidet, wie sehr sie kämpft, nicht die Kontrolle zu verlieren und es
zugleich allen, insbesondere ihrer Mutter, recht zu machen.
Man fühlt sich als lesende Person
immer nah an ihrer Seite, will ihr helfen, und ist zugleich sprach-
und machtlos. Was sie durchleiden muss, was ihre eigene Mutter ihr
über die Jahre hinweg zugemutet hat, ist nur schwer begreiflich, und
zugleich macht die Schreibende ihre Motive nachvollziehbar, weshalb
sie nicht schon früher versucht hat, den Ketten zu entkommen. Wenn
man nicht selbst so eine Beziehung erlebt hat, kann man wohl nie zu
100% greifen, welche Dynamiken dahinterstecken, aber Jennette weiß
die Lesenden dennoch zu fesseln, zu schockieren, an sich zu binden
und emotional zu involvieren.
Für mich war gerade der Bezug zu
iCarly der Knackpunkt, weshalb ich das Buch lesen wollte. Die
Vorwürfe um den Creator der Serie habe ich auch vorher schon
wahrgenommen, aber das aus der Sicht einer Betroffenen zu lesen, hat
mich tief bestürzt. Um dorthin zu gelangen, vergeht ein großer Teil
von Jennettes Kindheit, den ich so intensiv beschrieben nicht
erwartet hätte, der allerdings das Fundament für alles legt, was
danach folgt.
Die Triggerwarnung hätte in meinen
Augen bei den krassen Szenen und der expliziten Wortwahl noch
präsenter sein können, nicht zwischen den bibliografischen Daten
versteckt, sondern freistehend und deutlich auf den ersten Blick
erkennbar.
Mein Fazit:
Nichts für schwache
Nerven, abgesehen davon eine beeindruckende, tiefgehende
Auto-Biografie, die die Lesenden auf eine Reise mitnimmt, von der ich
mit Sicherheit behaupten kann, dass man sie so schnell nicht wird
vergessen können.
⭐⭐⭐⭐⭐