Ab 14 Jahre
Band 1, 480 Seiten
Gebunden mit Schutzumschlag
Format: 138 x 220 mm
ISBN: 978-3-522-50657-1
Preis: 17,00€
Erscheinungstermin: 16.07.2020
(Quelle Daten & Bild: Produktseite bei Thienemann-Esslinger)Klappentext:
Im Jahr 2044 ist San Francisco von Unruhen zwischen Menschen und Elben geprägt. Als Upperclass-Mädchen und Tochter des Chefs der Elbensicherheitsbehörde, der gewaltsam gegen Elben vorgeht, führt Luz ein unbeschwertes Leben – bis zu dem Tag, als sie heimlich das Elben-Ghetto betritt. Luz ist fasziniert von der Untergrundgemeinde, vor allem aber von Darel, der mit einem regimekritischen Poetry-Slam auf der Bühne steht. Doch die Vorstellung wird von einer Razzia ihres Vaters gesprengt und Luz landet ohne sein Wissen als Gefangene auf dem Revier. Dort wird ein Geheimnis aufgedeckt, das Luz auf der Stelle zur Flucht vor ihrem Vater zwingt. Darel hilft ihr dabei. Allerdings verfolgt er seine ganz eigenen Ziele …
Bücher über Elben habe ich bisher
herzlich wenige gelesen. Ich wusste so gut wie nichts über sie,
nichts über ihre Geschichte, ihre Bräuche, ihre Lebensweise, ihr
Aussehen, abgesehen von den Öhrchen. Dazu kommt, dass dieses Buch
über eine unglaublich komplexe dystopische Struktur verfügt, die
allerhand Neues und Unbekanntes bereithält, auf das man sich erst
einmal einlassen muss, um alles zu verstehen. Das beides in
Kombination ergibt eine Mischung, die auf den ersten Blick unfassbar
kompliziert erscheinen mag, den Leser aber tief in eine Welt
entführt, der man sich von der ersten Seite nicht mehr entziehen
kann.
Die politischen sowie elbischen
Begriffe sind zum besseren Verständnis alle in einem Glossar am Ende
des Buches aufgeführt, für den ein oder anderen sicherlich
hilfreich, mich eingeschlossen. Allerdings wird man so sorgfältig in
die neue Welt, das derzeitige Regime und die Verhältnisse von Elben
zu Menschen eingeführt, dass so gut wie keine Verständnisfragen
entstanden sind, die sich nicht früher oder später geklärt haben.
Die Welt, die Rena geschaffen hat, ist
grausam und faszinierend zugleich, zu ausgewogenen Teilen modern
durch die Menschen sowie traditionell durch den elbischen Einfluss,
was jedoch keinesfalls heißen soll, dass die Elben in der
Menschenwelt ein rückständiges Volk sind. An allen Ecken begegnen
einem im San Francicso des Jahres 2044 weit entwickelte technische
Neuerungen, eine fortschrittlicher als die andere, viele jedoch eben
darum nicht weniger bedrohlich. Ich war von diesem dystopischen
Setting mehr als begeistert, die Vergangenheit und die daraus
entstandene aktuelle Lage der Menschen und Elben waren packend wie
einschüchternd, stellenweise auch sehr düster beschrieben und haben
einen fesselnden Sog ausgeübt.
Renas Schreibstil hat ihr übriges dazu
beigetragen, dass das Buch mich die ganze Zeit fest im Griff hatte.
Sie beschreibt die Umgebung und das Geschehen an den richtigen
Stellen detailliert und ernst oder rasant und spannend, je nach dem,
wie die Stimmung es gerade erfordert.
Zudem baut sie an vielen Stellen
unglaublich tolle, bildhafte Beschreibungen von Gefühlen und
kreative, bewegende Metaphern ein, wie ich sie noch nirgendwo gelesen
habe. Ich war positiv erstaunt, so etwas hatte ich nicht kommen
sehen, selbst wenn zumindest ein gewisser Grad an Poesie erwartet
werden konnte wegen Darels Poetry Slam.
Und alter Schwede! Dieser Slam hatte es
in sich. Ich hing der Figur an den Lippen und habe jedes Wort
begeistert aufgesogen, dabei glaubte ich bisher, gar kein Faible für
Poetry Slams zu haben, im Gegenteil. Ich empfand sie eher als
lächerlich und Anlass fürs Fremdschämen, wie man es in manchen
Filmen vorgelebt bekommt, selbst wenn ich ihnen damit offenbar
Unrecht getan habe.
Darel, der Dichter, hat eine der
tragenden Rollen dieser Geschichte. Er, Luz und ein Elb teilen sich
die drei Erzählerjobs sozusagen, abwechselnd steht immer ein anderer
von ihnen im Vordergrund, wenngleich sie nicht aus ihrer
Ich-Perspektive berichten. Normalerweise fehlen mir bei sowas immer
die Emotionen, die Tiefe und es fällt mir schwerer, eine Beziehung
zu den Figuren aufzubauen... aber nur normalerweise. In diesem Fall
habe ich zu den Protagonisten schnell eine Verbindung gehabt,
wenngleich keine einheitlich gute oder einheitlich schlechte.
Und genau das habe ich geliebt! Darel
und den Elben zum Beispiel habe ich beide gehasst, geliebt, ihnen
misstraut, sie verflucht, sie wieder geliebt und unmittelbar danach
sofort wieder zutiefst gehasst. Ich wusste nie, woran ich bei ihnen
war und habe quasi von Kapitel zu Kapitel meine Meinung über sie
geändert, wurde auf so viele falsche Fährten geleitet, habe den
Figuren die Pest und alles Glück der Welt zeitgleich auf den Hals
gewünscht. Noch nie wurde derart hinters Licht geführt bezüglich
ihrer Absichten und Motive, es ist unglaublich. Positiv unglaublich!
Für den Fortgang der Handlung gilt das
gleiche wie für die Figuren, ich denke, dass ich noch nie so häufig
aufs Glatteis geführt worden bin in einem Buch. Ständig dachte ich
mir: „So, jetzt weiß ich aber, was passieren wird!“, nur damit
sich ein paar Seiten später herausstellte, wie unglaublich falsch
ich doch lag.
In Renas Geschichte habe ich mich
gefühlt wie ein Vogel im Tornado. Ich wusste zwar, wo ich bin, hatte
aber nicht die geringste Ahnung, in welcher Verfassung ich am Ende
wieder raus kommen würde.
Mein Fazit:
Ein unfassbar gutes
Buch! Lebendiges Setting, detailliert ausgearbeitete und vielseitige
Figuren, bewundernswerte sprachliche Umsetzung von all dem gepaart
mit so vielen Überraschungselementen, dass ich irgendwann aufgehört
habe, mich darüber zu wundern, wenn etwas so ganz anders lief, als
ich es erwartet hatte.
Ein Muss für alle Fans von Dystopien mit
fantastischen Elementen, ich kann eine klare Leseempfehlung
aussprechen!
Ich kann den zweiten Band kaum erwarten
und freue mich jetzt schon.
Volle fünf von fünf Sternen vergebe ich.
★★★★★