Dienstag, 18. Mai 2021

Rezension zu "Adresse unbekannt" (Susin Nielsen)

Daten zum Buch:

Titel: Adresse unbekannt
Autor*in: Susin Nielsen
ab 11 Jahren
284 Seiten
Gebunden
ISBN 978-3-8251-5226-0
Verlag Urachhaus
 
Klappentext: 
Felix findet seine Mutter toll, auch wenn sie oft chaotisch ist. Als sie ihre Miete nicht mehr bezahlen können, wird ein alter VW-Bus ihr neues Zuhause. Doch damit fangen die Probleme erst an, und ein abenteuerliches Versteckspiel beginnt. Aber Felix hat einen Plan, wie er Geld beschaffen und alles wieder in Ordnung bringen kann … 
 
Am meisten plagt es Felix, dass er seinen besten Freund Dylan immer wieder anlügen muss, um seine Situation zu vertuschen. Doch als irgendwann die Wahrheit ans Licht kommt, erfährt Felix, dass er sich auf seine Freunde verlassen kann. Spannend und voller Situationskomik erzählt Susin Nielsen von der brüchigen Sicherheit in unserer Gesellschaft und von Menschen, die das Herz auf dem rechten Fleck haben. 
(Quelle Daten, Text & Cover: Produktseite beim Verlag Urachhaus)
Adresse unbekannt hat mich weit stärker beschäftigt, als ich im Vorfeld angenommen hätte. Die Thematik des Buches ist ernst, wie ernst, das wurde mir erst im Laufe der Geschichte so richtig bewusst. Erst kürzlich las ich ein Buch über Obdachlosigkeit, welches zwar einen anderen Ansatz des Ganzen verfolgte, mir allerdings sofort wieder in Erinnerung gerufen wurde.
 
In dieser Geschichte empfand ich das Thema als umso bedrückender dargestellt, weil man den Protagonisten zwar direkt bei seiner Erfahrung und dem Weg aus dem Zuhause sozusagen begleitet, die Entwicklungen aber immer mit einem lachenden und einem weinenden Auge geschildert werden. Es werden Witze gemacht und der Schreibstil ist meist recht locker und leicht, doch man weiß im Grunde genommen, wie tief die Problematik hinter der spaßigen Fassade geht. Das hat mir zu Knabbern gegeben, die Tatsache, dass ich zwar oft das Gefühl hatte, ich lese gerade ein angenehmes Kinderbuch, den bitteren Beigeschmack aber die ganze Zeit präsent hatte. Und das fand ich auch gut so, denn ich wollte gar nicht vergessen, wie hart die Situation gerade für Felix und seine Mutter sein muss. Ich wollte mit ihnen diesen steinigen Weg gehen, unsicher, wohin er mich führen würde.
 
Felix Mutter war für mich eine der schwierigsten Figuren in dem Szenario, wenn nicht die schwierigste. Sie hat einerseits viel Verantwortung ihrem Sohn gegenüber, der sie kaum gerecht werden kann, aber viele Kapitel haben deutlich gemacht, dass sie das Ganze ebenso sehr belastet wie Felix wie könnte dem auch nicht so sein. Manchmal wollte ich sie dafür verurteilen, dass sie ihm keine bessere Mutter ist, zeitgleich wurde mir dann aber bewusst, wie sehr wie leidet, wenngleich das keine Entschuldigung dafür sein kann, sich selbst gehen zu lassen und das Kind zu vernachlässigen. Ich war ihr gegenüber ständig im Zwiespalt, den ich auch jetzt noch nicht ganz beseitigen kann.
 
Felix ist so ein bewundernswert tapferer, loyler und treuherziger junger Mann. Ich hätte ihn an so vielen Stellen unfassbar gern in den Arm genommen und ihm gesagt, dass alles gut wird. Seine Geschichte erzählt er trotz der vielen schockierenden Szenen mit einer gewissen Komik, die mich dennoch oft traurig gestimmt hat, denn ich hätte mir einfach so gern ein anderes Schicksal für ihn gewünscht. Er hat mich als Leser auf eine besondere Reise mitgenommen, die ich so bald nicht mehr vergessen werde.
 
Mein Fazit:
Eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt, voller Witz und tieftraurig zugleich. Mir fehlen nach wie vor ein bisschen die Worte, um meine Gefühle richtig zu ordnen, aber klar ist, dass das Buch von mir 5 von 5 Sternen bekommt. 
⭐⭐⭐⭐⭐