Freitag, 15. Oktober 2021

Rezension zu "Engel über der Stadt" (Jonas Kleinschmidt)

Bibliografische Daten:
Titel: Engel über der Stadt
geschrieben von Jonas Kleinschmidt
ISBN: 978-3-03880-048-4
Hardcover, 256 Seiten
Erschienen am 17.09.2021
ab 14 Jahren
Preis (Print): 18,00€
 
Klappentext:
Der 15-jährige Johannes trifft seinen Großvater nach dessen Tod auf wundersame Weise wieder: Es ist das Jahr 1945, und Dänemark ist von Nazi-Deutschland okkupiert. Johannes erlebt mit seinem gleichaltrigen Großvater, der auf den Namen Raf hört, den Alltag unter der Besatzung hautnah mit und erfährt Freundschaft und Zusammenhalt, aber auch Ängste und Repressalien. Eines Tages regnen plötzlich Bomben über den Kopenhagener Stadtteil Vesterbro, die beiden Jungs stürzen sich in die Rettungsaktion und geraten dabei selbst in Lebensgefahr.
(Quelle Daten, Text & Cover inkl. Copyright: Arctis Verlag)
„Engel über der Stadt“ und ich waren zusammen unterwegs auf einer Berg- und Talfahrt der Gefühle. Ich wurde zerstört und langsam wieder aufgebaut, habe mich in Sicherheit geglaubt und wurde eines Besseren belehrt, habe gelacht und mindestens zehnmal so oft geweint. Und auch, wenn es wehgetan hat, bin ich dankbar für das alles.
 
Es begann damit, dass ich die ersten 30 Seiten kaum sehen konnte, so heftig habe ich geweint. Ich wusste, dass das Buch damit beginnt, dass Protagonist Johannes seinen Großvater verliert. Dass mich das allerdings so stark an meinen eigenen Verlust erinnern würde, hätte ich nicht erwartet. Es traf mich nicht unvorbereitet, nur unerwartet heftig, und ich musste mich erst einmal sammeln, bevor ich weiterlesen konnte.
 
Als Johannes dann in der Vergangenheit landet, konnte ich mich zusammenreißen und tauchte direkt tief in die damalige Zeit ein. Die Verhältnisse im Dänemark im Jahr 1945, die Art der Menschen zu sprechen, die Atmosphäre, all das hat der Autor wunderbar und authentisch eingefangen und rübergebracht, man hat es ihm zu 100% abgekauft. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt Zweifel daran, dass ich mich mit Johannes tatsächlich gerade in der Vergangenheit befinde.
 
Johannes war ein sehr interessanter Protagonist. Er ist kein großer Draufgänger und trotzdem mutig, kein lauter Typ, eher still und nachdenklich und dennoch hat er einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und macht den Mund auf, wenn ihm etwas nicht gefällt. Zudem fand ich ihn allein deshalb sympathisch, weil ich mich so verdammt gut in ihn und seinen Verlust hineinfühlen konnte. Ich habe seinen Schmerz gefühlt, als sei es mein eigener, konnte seine Trauer so, so gut verstehen und seine Art, mit dem Tod umzugehen, erinnerte mich an meine. Wir waren auf einer Wellenlänge, unsere Herzen haben um selben Takt geschlagen, während ich las. 
 
Die Gefühle, die der Autor während der Geschichte weckt, sind für den Leser deutlich greifbar. Er schafft es, einen all die Emotionen hautnah fühlen zu lassen, das Entsetzen während der Geschehnisse in Kopenhagen, die Bedrückung des Krieges, die Wut der Dänen, die Verzweiflung der Opfer, aber auch die Liebe, die Freundschaft, die Hoffnung. Ich musste am Ende des Buches einmal ganz tief durchatmen, um wieder im Hier und Jetzt zu landen. 
 
Was dort geschichtlich aufgearbeitet wird, beruht auf einer wahren Begebenheit, und das hat das Erleben beim Lesen nur intensiver gemacht. Zu wissen, dass dieser Vorfall tatsächlich stattgefunden hat, tat weh, vor allem weil man davon vielleicht noch nicht unbedingt vorher gehört hat, zumindest ging es mir so. 
Das Buch hält, was es verspricht: Es ist ein Zeugnis gegen das Vergessen. 
 
Mein Fazit:  
Das Buch hat mich emotional zerfetzt und ich habe es geliebt. Die Atmosphäre der Vergangenheit, die geschichtlichen Ereignisse, der Protagonist Johannes und dieses unglaublich intensive Erleben von Gefühlen haben mir ein Highlight beschert, das ich so bald nicht vergessen werden. 
Ich kann nicht anders als 5 von 5 Sternen vergeben. 
⭐⭐⭐⭐⭐