Titel: Gemma. Sei glücklich oder stirb
Autor*in: Charlotte Richter
ISBN: 978-3-401-60543-2
Autor*in: Charlotte Richter
ISBN: 978-3-401-60543-2
Preis (Print): 18,00€
ab 12 Jahren
464 Seiten, Hardcover
Klappentext:
Die sechzehnjährige Gemma lebt in einer Welt, in der Glück lebensnotwendig ist. Jedem, der nicht glücklich ist, droht nach wenigen Stunden der Tod. Nach ihrer Aufnahmeprüfung in der Akademie, in der junge Menschen lernen, positive Gefühle künstlich zu erzeugen, hat Gemma nur ein Ziel: Sie muss ihren Vater heilen, bevor dessen Glückspegel noch weiter sinkt und er vor Kummer sterben wird.Doch hier, inmitten all der dauerlächelnden Menschen, zieht es Gemma ausgerechnet zu Keno. Er ist ein Grenzgänger und will sich dem Glückszwang entziehen. Er liebt die Existenz am Limit, wandelt zwischen Glück und Trauer, Leben und Tod. Entschlossen versucht Gemma, am Glück festzuhalten – doch ihre Überzeugung bröckelt immer weiter. An Kenos Seite lernt Gemma, was wahre Gefühle bedeuten … und was die Menschen aufgeben, wenn sie das Glück über alles stellen.(Quelle Daten, Text & Cover [Copyright liegt beim Arena Verlag]: Produktseite der Verlagswebsite)
Gemma hat eines geschafft, was viele
andere Bücher nach all meinen Jahren als Leserin nicht mehr
schaffen, es hat mit einer für mich komplett neuen Idee
aufgetrumpft, mich in eine Welt mitgenommen, die ich so noch nicht
gesehen habe, und mich mehr als einmal überrascht. Der Grundgedanke,
jeder, der unglücklich ist, muss sterben, hat mich einerseits
natürlich ziemlich schockiert, andererseits aber auch fasziniert.
Immer gut drauf zu sein, ist für viele sicherlich, mich definitiv
mit eingeschlossen, nahezu unmöglich, daher war ich umso gespannter,
wie die ganze Situation in der Geschichte geschildert wird.
Die Einführung in die Thematik ist gut
gelungen, man fühlt sich als Leser bestens an die Hand genommen und
nicht wahllos ins Geschehen hineingeworfen. Stück für Stück lernt
man langsam die neue Welt mit dem „Glanz“ und ihren neuen Regeln
kennen und verstehen, besonders am Anfang erschien mir alles noch so
abgefahren, dass ich dankbar für das Tempo war und mir die Zeit
gegeben wurde, mich einzugewöhnen. Wie gesagt, ich finde die Idee
des Szenarios, das alle Menschen zum Glücklichsein zwingt,
gleichermaßen interessant wie verstörend und habe besonders Fakten
zur Entstehung dieser neuen Realität aufgesaugt wie ein Schwamm.
Gemma ist eine wie ich finde sehr
sympathische Protagonistin. Ich fand es super, wie man sie auf ihrem
Weg begleiten konnte, in die Akademie, zu ihrem Vater, durch dieses
Gefühlschaos, was sie dabei überkommt, aber eigentlich so gar nicht
wünschenswert ist. Zu sehen, mit welchen Mitteln sie versucht, an
ihrem Glück festzuhalten, welche Methoden die Menschen in der
Zukunft dafür entwickelt haben, war teils absonderlich, aber teils
auch recht clever, wobei ich mal ganz leise wage, die prompte
Wirksamkeit dieser manchmal etwas spirituellen Methoden anzuzweifeln.
Besonders spannend war es, Gemma bei
der Entdeckung anderer Gefühle näher zu beobachten. Wie sie sich
anfangs noch so standhaft wehrt und brav auf das Glück pocht, und
dann langsam andere Seiten kennenlernt. Das fand ich authentisch und
nachvollziehbar dargestellt und hat mir gut gefallen.
Keno, Gemmas männlicher Gegenpart hält
nicht viel vom Glück, und Gemma zunächst nicht viel von Keno und
umgekehrt. Ich verstehe beide Sichtweisen, einerseits Gemma, die
sagt, Keno spielt wissentlich mit seinem Leben, was einen recht
dummen und undankbaren Eindruck macht. Andererseits Keno, der sagt,
er möchte alles fühlen, auch mal die Enttäuschung, die Angst, er
möchte sich einfach ganz fühlen und nicht einschränken lassen.
Zwei komplett konträre Ansichten, die mit zwei sehr verschiedenen
Charakteren einhergehen, aber doch irgendwie harmoniert haben. Ich
mochte Keno, er war angenehm ruhig und gelassen, aber konnte auch
provokant werden, wenn ihm jemand blöd kommt oder in eine Ecke
drängt. Eine spannende Figur, wenngleich nicht so innerlich
zerrissen zwischen den Idealen wie Gemma, sondern auf anderer Ebene
verletzt.
Das Zusammenspiel der beiden
Hauptfiguren verbessert sich im Laufe der Geschichte immer mehr, ich
habe es genossen, zu sehen, wie die beiden sich einander annähern,
fand auch das Tempo natürlich und angemessen, es war einfach
perfekt. Was mir ebenfalls sehr gut gefiel, ist, dass die
Liebesgeschichte zwar relativ viel Raum einnimmt und auch noch eine
entscheidende Rolle spielt, aber nicht zu kitschig oder extrem
aufgebauscht wird und sich natürlich in das Drumherum einfügt.
Zwei Kritikpunkte habe ich leider auch
und tatsächlich habe ich recht lange darüber nachgedacht, wie die
beiden ins Gewicht fallen. Zum einen konnte mich der Schreibstil an
manchen Stellen nicht sonderlich fesseln. Ich habe für das Buch
insgesamt sehr lange gebraucht, was allerdings eher an meiner
persönlichen Situation als an der Geschichte lag, doch relativ oft
bin ich über etwas ungelenk wirkende Formulierungen gestolpert, die
sich nicht wirklich in den Lesefluss einfügten. Es wirkte da häufig,
als habe man lange über die Wortwahl etc. gegrübelt und den Satz am
Ende so sehr zerdacht, dass er in eine etwas andere Richtung
abgebogen ist als der Rest.
Zum anderen ist da die Auflösung am
Schluss. Ich weiß nicht, was ich erwartet oder mir erhofft hatte,
aber so richtig geflasht war ich nicht. Irgendwie war alles recht
unspektakulär und fast schon zu simpel, das fand ich sehr schade,
zumal man immer noch nicht für alles eine zufriedenstellende
Erklärung findet.
Mein Fazit:
Die Geschichte an sich
war wirklich spannend und auf einer großartigen Grundidee aufgebaut,
die Figuren waren mir sympathisch und ihre Entwicklung habe ich gern
mitverfolgt. Der Schreibstil und ich sind keine allzu dicken Freunde
geworden und auch das Ende hat mich nicht so überzeugt, aber
insgesamt hat mir das Buch wirklich aufregende Lesestunden bereitet
und ich vergebe guten Gewissens 4 von 5 Sternen mit einer dicken
Leseempfehlung!
⭐⭐⭐⭐