Titel: We fell in love in October
geschrieben von Inka Lindberg
Altersempfehlung: ab 16 Jahren
ISBN: 978-3-96976-028-4
Erscheinungstermin:
02.09.2022 (E-Book)
13.09.2022 (Paperback)
Seiten: 416
Preis (Print): 15,00€
Klappentext:
Klappentext:
Was brauchen wir, um glücklich zu sein? Lisa auf jeden Fall nicht die Ausbildung zur Bankkauffrau, das Genörgel ihrer Eltern und den übergriffigen Kollegen. Kurzentschlossen kauft sie ein Ticket in die nächste Großstadt Köln und landet über Couchsurfing in der WG der Tätowiererin Karla.Ihr offenbart sich eine neue Welt: Partys, existenzielle Lebenskrisen und völlig überraschende Gefühle. Aber wie soll es weitergehen – mit ihrem Leben und ihrem festen Freund Max, der auf sie wartet? Mit Unterstützung ihrer Oma Sybille fängt sie an, ihr Leben neu zu ordnen. Denn das alte will sie auf keinen Fall zurück.
(Quelle Daten, Text & Cover inkl. Copyright: Moon Notes/Oetinger)
We fell in love in October ist eine der
intensivsten queeren Liebesgeschichten, die ich je gelesen habe.
Obwohl das Buch eigentlich gar nicht so dick ist, hatte ich das
Gefühl, die Protagonistin Lisa nicht nur über Monate, sondern
direkt über Jahre begleitet zu haben. Und das meine ich nicht auf
eine langweilige, „das Buch hat sich gezogen“-Art und Weise,
sondern durch und durch positiv.
Ich muss aber zunächst gestehen, dass
ich anfangs extrem Probleme mit Lisa und ihrer weltfremden Art hatte.
Ja, sie lebte ihr komplettes Leben in einem kleinen Provinzkaff in
Bayern, wo ungekämmte Haare auf der Straße direkt von den
neugierigen Nachbarn hinter der Gardine abgespeichert und beim
nächsten Kaffeekränzchen ausgiebig belästert werden. Und dennoch
erwarte ich von einer 18-Jährigen, dass ihr der Begriff queer
zumindest grob geläufig ist oder sie immerhin nicht in eine
Schockstarre verfällt, wenn sie dann plötzlich in der Großstadt in
einer FLINTA*-Bar zwei Frauen sieht, die sich küssen. Lisa denkt so
derart verbohrt und steckt in ihren Gewohnheiten fest, dass sie
gefühlt ständig von einem schrägen Kommentar zur nächsten
unsensiblen Frage stolpert.
Aber! Und das ist das, was ich ihr hoch
anrechne: Sie lernt schnell und wird stetig offener. Man kann sich
nicht von heute auf morgen aus dem befreien, was einem viele Jahre
lang vorgelebt wurde, das ist ganz klar. Vor allem nicht, wenn man
selbst nicht weiß, wer man eigentlich sein möchte. Und dafür
durchläuft Lisa im Laufe des Buches eine enorme Entwicklung.
Der Vorteil, der besteht, weil Lisa so
unerfahren ist, ist, dass die Lesenden Stück für Stück zusammen
mit ihr in das Thema LGBTQIA+ eingeführt werden. Nicht alle haben
sich schon intensiv damit auseinandergesetzt und hier fallen relativ
viele Begrifflichkeiten, die vielleicht Fragen aufwerfen könnte.
Lisas Reise vom Kaff nach Köln konnte
man dank ihrer Ich-Perspektive direkt aus der ersten Reihe
miterleben. Sie hat am Ende eine aufregende 360 Grad Wendung hinter
sich, lernt sich komplett neu kennen, sodass ich sie nur bewundern
kann. Meine anfängliche Skepsis ihr gegenüber wich dank der
authentischen Ausführungen ihrer Gefühle bald, seien sie manchmal
auch noch so kompliziert.
Durch diverse Rückblicke erhält man
Zugang zu ihrer Vergangenheit, die Lisa jahrelang selbst sehr
erfolgreich unterdrückt hat, man lernt sie besser zu verstehen. In
ihr kämpfen Sicherheit und Gewohnheit gegen Selbstbestimmung und
-verwirklichung, zwei Aspekte, die gegensätzlicher nicht sein
könnten. Gepusht wird wieder Zwiespalt noch zusätzlich durch Lisas
unerträgliche Mutter sowie den emotionslosen Freund, der zuhause auf
sie wartet.
Die WG dagegen, die Lisa in Köln
aufnimmt, ist ein wunderbarer bunter Haufen. Maja entpuppt sich bald
als wertvolle Freundin und Karla löst Gefühle in Lisa aus, die sie
zunächst kaum einzuordnen weiß. Karla war mit Abstand die
spannendste Figur, ich habe in Büchern noch nie jemanden wie sie
getroffen. Mutig, sarkastisch, taff und er weiß, was er will, genau
das Gegenteil von Lisas Unsicherheiten.
Die Beziehung von Karla und Lisa ist
einzigartig. Ein Zusammenspiel wie das der zwei ist mir noch nie
begegnet, allerdings ist auch hier nicht alles frei von Drama. Lisa
verhält sich manchmal unheimlich egoistisch. Selbstfindung
rechtfertigt keinesfalls das Spielen mit dem Gefühlen anderer, sei
es bewusst oder aus Nachlässigkeit. Allerdings war es mir zu keinem
Zeitpunkt zu viel Streit, sondern hielt ein gesundes Maß ein.
Mein Fazit:
Eine sehr emotionale Geschichte mit
Protagonisten, die eine enorme Entwicklung im Verlauf durchmachen,
selbst wenn Lisa zu Beginn nicht gerade viele Sympathiepunkte
gewinnt. Auch ihr Freund Max sowie ihre Mutter vermiesten mir das
Leseerlebnis zeitweise. Dem gegenüber stehen viel Gefühl, ein
bisschen aufregendes Drama und eine Menge Aufklärungsarbeit. Einfach
super!
Für mich reicht es für sehr gute 4,5
von 5 Sternen.
⭐⭐⭐⭐,5