Titel: Der Ruf des Schamanen - Unsere abenteuerliche Reise in das Herz der Dunkelheit
Autor: Davide Morosinotto
Ab 12 Jahre
432 Seiten, 148 x 215 mm
Erschienen am:
26. 01. 2021
ISBN: 978-3-522-20274-9
Gebundene Ausgabe, Preis: 18,00€
Klappentext:
Seit Stunden schon kämpfen sich Laila und ihr Freund El Rato durch den dichten Urwald. Sie müssen unbedingt den alten Schamanen finden. Er ist Lailas letzte Hoffnung, denn sie leidet an einer unheilbaren Krankheit. Doch allmählich bricht die Nacht herein und die Dunkelheit ist voller Gefahren ...(Quelle Daten, Text & Bild: Produktseite bei Thienemann-Esslinger)
Der Ruf des Schamanen versprach ein
Abenteuer durch den Dschungel, eine harte Reise durchs grüne
Dickicht, die den Protagonisten alles abverlangt und in Gefahr
bringt. Ich kann nach dem Lesen des Buches ganz klar sagen, dass die
Inhaltsangabe sehr irreführend war und der Dschungel zwar eine
(durchaus wichtige) Rolle spielt, dennoch keine so große, wie im
Klappentext angepriesen. Ich möchte in der Hinsicht ungern spoilern,
daher keine konkreten Angaben von mir dazu. Aber es sei gesagt, dass
man länger auf den Urwald warten muss, als man nach dem Überfliegen
der Inhaltszusammenfassung vielleicht glauben mag. Das hat keinen
negativen Einfluss auf meine Bewertung, da mich die Geschichte an
sich zu 100% überzeugt hat. Dennoch empfinde ich es als gerecht,
andere darauf hinzuweisen.
Die Reise der Kinder Laila und El Rato
beginnt also wie gesagt viel früher als gedacht, sodass es sich
ergibt, dass man auch schon die Ursache und den Auslöser des
Reisewillens der beiden direkt „live“ miterlebt und Laila bei der
Diagnose begleitet. Ich persönlich fand es passend, dass man nicht
alles fertig präsentiert, sondern tatsächlich eine Entwicklung
ihrer Krankheit mitbekommt, so bedrückend das auch sein mag.
Laila ist ein starkes, mutiges und
kämpferisches Mädchen, sie ihr Schicksal auf keinen Fall so
hinnehmen will, wie es sich ihr auftut. Das fand ich beeindruckend
und zugleich tat sie mir unfassbar leid, weil ich unsicher war, ob
dieses Buch die Art Geschichte bieten würde, bei der wie durch ein
Wunder das ultimative Happy End entsteht. Ich habe um ehrlich zu sein
gehofft, dass es nicht so etwas wie eine Wunderheilung für sie geben
würde, einfach weil es in meinen Augen nicht gepasst hätte, was
natürlich nicht heißt, dass ich es der Protagonistin nicht gönnen
würde.
El Rato ist der Begleiter von Laila,
ein schräger Vogel und extrem weltfremd, der Laila zwar treu ergeben
ist und ihr rührend zur Seite steht, insbesondere als sich das Buch
dem Ende zuneigt. Doch ab und an hätte ich dem Bengel gern die
Löffel lang gezogen. Klar, er ist naiv und hat Gründe dafür. Doch
manchmal blieb mir wirklich nur noch, den Kopf zu schütteln über
sein Verhalten und seine Gedanken.
Dadurch, dass die Erzählperspektiven
regelmäßig wechseln, kommen neben einigen anderen Figuren Laila und
El Rato beide zu Wort, was mir wie immer sehr gut gefällt. Ich liebe
es, wenn man nicht nur einer, in diesem Fall auch Gott sei Dank aus
ihrer Ich-Perspektive erzählenden, Figur in den Kopf schauen kann,
sondern gleich mehreren. Das sorgt für Abwechslung und es entsteht
auch meist nicht so ein starker Hang dazu, nur mit der Erzählstimme
mitzufiebern, sondern sich tatsächlich auf alle einzulassen. Durch
kleine Tiersymbole am Kapitel-Anfang kann man einordnen, er gerade
spricht, was mir persönlich zu Beginn noch etwas schwer gefallen
ist, da ich die Tiere meinem eigenen Gefühl folgend ganz anders
verteilt hätte. Aber was weiß ich schon.
Die Geschichte von Laila und El Rato
beginnt langsam, nimmt an Fahrt und auch Gefahr auf, und hält
Wendungen bereit, die ich im Vorfeld nie in Betracht gezogen hätte.
Ich war positiv überrascht, wie tiefgründige Botschaften sich hier
verstecken, wie viele brenzlige Situationen die Figuren meistern
müssen, was für enge und unerwartete Beziehungen entstehen und wie
sehr ich das Ende lieben würde. Wie der Name des Buches schon
vermuten lässt, kommt es auch nicht ganz ohne Übernatürliches aus,
aber ich empfand es als authentisch dargestellt und den Anteil
angenehm bemessen.
Doch eines hat all dem noch die Krone
aufgesetzt, und das waren die Illustrationen. Für mich das absolute
Highlight in diesem Buch, denn solch einen lebendigen Text habe ich
selten gelesen. Die Sätze führen ein Eigenleben, transportieren
Emotionen nicht nur mit Worten, sondern auch optisch, sie stützen
das Gelesene auf eine einzigartige Weise. Ich war wirklich
beeindruckt und habe mich über jede Seite mit einer Zeichnung oder
einem Bild, in die sich der Text eingefügt hat, gefreut wie ein
Honigkuchenpferd.
Mein Fazit:
Ein fantastisches Buch,
welches mir großes Lesevergnügen beschert hat. Selten habe ich die
innere optische Ausarbeitung eines Buches so sehr genossen wie in
diesem. Die Geschichte nimmt einen mit auf eine exotische Reise, sie
bietet sympathische und sorgfältig ausgearbeitete Figuren und eine
wichtige Message. Was wünscht man sich mehr?
Natürlich erhält das Buch volle 5 von
5 Sternen von mir.
⭐⭐⭐⭐⭐