Bibliografische Daten:
Titel: Für uns macht das Universum Überstunden
Autor: A. Meredith Walters
EUR 12,90 € [DE], EUR 13,30 € [A]
dtv bold
Aus dem Amerikanischen von Bettina Münch
400 Seiten, ISBN 978-3-423-23014-8
Erscheinungsdatum: 24. Juli 2020
Titel: Für uns macht das Universum Überstunden
Autor: A. Meredith Walters
EUR 12,90 € [DE], EUR 13,30 € [A]
dtv bold
Aus dem Amerikanischen von Bettina Münch
400 Seiten, ISBN 978-3-423-23014-8
Erscheinungsdatum: 24. Juli 2020
Klappentext:
Ellie hat keine Zukunft und verdient es auch nicht anders: Als Jugendliche war sie mit ihrer Clique für den Brand im Haus ihres Mitschülers Flynn verantwortlich. Sie wurde zu einer Haftstrafe verurteilt, Flynn verließ die Stadt. Doch jetzt, sechs Jahre später, taucht er wieder auf – Flynn, der Freak mit Asperger. Und Ellie muss sich eingestehen, dass da ihm gegenüber nicht nur Schuld ist, sondern so viel mehr. Sie ist in ihn verliebt. Und war es auch damals schon. Nur konnte sie vor ihrer Clique nicht zu ihm stehen. Als Flynn ihre Gefühle erwidert, muss Ellie sich fragen: Ist sie stark genug für diese Liebe?(Quelle Daten, Text & Bild: Produktseite bei dtv)
Für uns macht das Universum
Überstunden ist ein spezielles Buch. Ich denke, die Grenze zwischen
gut und schlecht verschwimmen hier teilweise, aber die Inhalte haben
auch das Potenzial zu polarisieren. Mich haben besonders die Figuren
und ihr Verhalten oft vor eine Weggabelung gestellt, an der ich nie
wusste, will ich links oder rechts lang, finde ich das gerade gut
oder schlecht. Gefällt mir das Ende, gefällt es mir nicht. Gefallen
mir die Entwicklungen oder gefallen sie mir nicht.
Die Geschichte wird aus zwei
Perspektiven erzählt. Einmal aus der des Sicht jungen Flynn viele
Jahre in der Vergangenheit und aus der Sicht der gegenwärtigen
Ellie. Beide berichten aus ihrer Ich-Perspektive und besonders die
von Flynn fand ich spannend. Umso mehr hätte ich mir gewünscht,
auch mal seine derzeitige Sicht lesen zu können, wie er in der
Gegenwart empfindet, wie es ihm geht, was er denkt. Seine Erkrankung
prägt seine Verhaltensweisen stark und es wäre für den Leser
sicher aufschlussreich gewesen, sich darin hineinversetzen zu können.
Ellie erzählt mit einer ordentlichen
Portion Selbstironie und Bitterkeit. Sie ist in ihrem Leben ganz
unten angekommen und das merkt man ihr auch an. Mich hat es so in den
Fingern gejuckt, ihr mal eine ordentliche Ohrfeige zu verpassen, und
sie aufzurütteln, auch wenn ich denke, dass es nichts genützt
hätte. Menschen müssen Hilfe wollen, um sie auch annehmen zu
können, das zeichnet sich im Laufe der Geschichte mehrfach
deutlichst ab. Zu sehen, wie Ellie und auch ihre sogenannten Freude
ihr Leben einfach wegwerfen, hat mich wütend gemacht und zugleich
war ich hilflos. Ich habe nach jeder Seite einfach nur gehofft, dass
Ellie es schafft, aus alten Mustern auszubrechen und etwas aus sich
zu machen.
Die Figuren rund um Ellie und Flynn
sind ein Haufen hoffnungsloser Fälle. Sie gehören zu der Art
Mensch, wegen der man die Straßenseite wechseln würde vor
Unbehagen, die man morgens in der Gasse liegen sieht und wegen der
man sich aufgrund ihres zu ausschweifenden Lebensstils beim Vermieter
oder der Polizei beklagt. Kurz gesagt: Ein Albtraum der
seinesgleichen sucht.
Die Autorin hat es geschafft, das
Abgewrackteste vom Abgewracktesten zu produzieren. Alle sind gefangen
in einer Abwärtsspirale, aus der sie sich allerdings offenbar auch
nicht entziehen wollen. Manche bemitleidenswert, manche gefährlich
und bei manchen ist man einfach nur schockiert über die grenzenlose
Verantwortungslosigkeit und Selbstsucht, mit denen sie ihr eigenes
und in einem besonderen Fall auch das Leben eines anderen kleinen
Menschen gefährden. Ellies „Freundin“ Dania hat all dem die
Krone aufgesetzt. Faszinierend und bedrückend zugleich, was die
Autorin da für Menschen gebastelt hat.
Die Beziehung von Ellie und Flynn ist
in meinen Augen komplizierter als kompliziert. Flynn ist aufgrund
seiner Eigenarten sowieso mit Vorsicht zu genießen, wenn man etwas
falsch macht in seiner Nähe, hat das oft schnelle und heftige
Konsequenzen. Dass besonders Ellie mit ihrer düsteren Vergangenheit
und auch Gegenwart da die richtige für ihn sein soll, vor allem in
Anbetracht dessen, wie sehr sie Flynns Leben in der Schulzeit auf den
Kopf gestellt hat, scheint dem Leser erst einmal schräg.
Ellie schwankt zwischen Zuneigung zu
Flynn und der Wahrung ihres Gesichts ihrer Clique gegenüber,
entsprechend chaotisch ist auch ihr Verhalten. Mal widerwärtig, mal
freundlich, mal verletzend und laut, mal lustig und liebenswert. Mir
hat das gerade für den Jungen extrem leid getan. Das wäre schon für
einen nicht kranken Menschen verwirrend und Flynn belastet dieses Hin
und Her besonders. Dadurch, dass er so schnell verzeihen kann, wird
er auch immer und immer wieder aufs Neue weggestoßen. Es war einfach
herzzerreißend, wie schleppend sich die Beziehung der beiden
entwickelt und immer neue Dämpfer verpasst bekommt.
Was ich jedoch am meisten an all dem
beeindruckt hat, ist, wie scheinbar mühelos die Autorin mit den
Worten spielt. Sie zaubert großartige Formulierungen und formt
Gebilde aus Emotionen und Gedanken. Ich bin oft über die
Wortgewandtheit gestolpert, die man in einem Roman mit einer
Protagonistin die Ellie zunächst wahrscheinlich nicht erwarten
würde.
Mein Fazit:
Dieses Buch ist nichts
für Leser, die einen locker-leichten Liebesroman suchen. Es geht
hart zu, man wird schockiert und traurig sein, man wird vor
Unverständnis die Hände über dem Kopf zusammen schlagen und man
wird viele Figuren hassen. Aber man bekommt auch eine zarte
Liebesgeschichte, deren Fortbestehen zu jedem Zeitpunkt am seidenen
Faden hängt. Man hofft und bangt, man betet und flucht.
Ich habe lange an diesem Buch zu
knabbern gehabt und mich nicht mit allem darin abfinden können. Und
dennoch hat es mich beschäftigt und berührt, daher gibt es 4 von 5
Sternen.
★★★★☆