Mittwoch, 22. September 2021

Rezension zu "Optimisten sterben früher" (Susin Nielsen)

Bibliografische Daten:
Titel: Optimisten sterben früher
Autor*in: Susin Nielsen
Übersetzt von Anja Herre
256 Seiten
Gebunden
ab 14 Jahren
ISBN 978-3-8251-5184-3
Verlag Urachhaus
Preis (Print): 18,00€ 

Klappentext:
»Nicht schon wieder der!«, denkt Petula. Jetzt taucht Jacob, der Neue in ihrer Klasse, auch noch in ihrer Therapiegruppe auf! Petula will sich nicht eingestehen, dass sie Jacob toll findet. Denn dann müsste sie ja vielleicht aus ihrem Schneckenhaus heraus. Ihre Angst vor dem Leben angehen. Sich auf jemand anderen einlassen. Niemals! Doch Jacob bringt frischen Wind in die Therapiegruppe. Und plötzlich erkennt Petula, dass die anderen mit ganz ähnlichen Problemen kämpfen wie sie selbst. Schritt für Schritt kann sie die Mauer um sich herum niederreißen. Bis zu dem Tag, an dem sie erfährt, dass Jacob nicht der ist, für den sie ihn gehalten hat  …
(Quelle Daten, Text & Cover inkl. Copyright: Urachhaus)
'Optimisten sterben früher' hatte für mich einen klaren Autor*innen-Bonus. Das letzte Buch von Susin Nielsen hatte mich derart beeindruckt, dass ich danach in einem Modus war, in dem ich zu jedem Buch von ihr gegriffen hätte. Und was soll ich sagen, ihr neuster Titel hat mich in dem nur wieder bestätigt!
 
Petula hat sich seit dem Tod ihrer Schwester immer weiter zurückgezogen und eingeigelt, sie hat Stein um Stein eine hohe Mauer um sich selbst gebaut. Ihr Glas ist halb leer, immer. Denn Pessimisten, beziehungsweise Realisten leben länger, meint sie. Mich hat ihre Einstellung zum Leben, ihr zögerliches Dasein an manchen Stellen enorm traurig gemacht, andererseits konnte ich sie auch oft erstaunlich gut verstehen, was mich sehr gewundert hat, denn so pessimistisch hätte ich mich eigentlich gar nicht eingeschätzt. Petula steht im ständigen Kampf mit sich selbst und ihrem Alltag, und das tat stellenweise einfach nur weh beim Lesen. Ich wollte ihr helfen, sie aufbauen. Doch dafür kam dann Jacob.
 
Jacob konnte ich von Beginn an nur schwer einschätzen, und das hat sich auch im Laufe der Zeit nicht geändert. Dennoch hatte er irgendwas an sich, was mich dazu bringen wollte, ihm zu vertrauen, ihn näher kennenlernen zu wollen. Er hatte etwas faszinierendes, beinahe anziehendes, dem sich auch Petula stellen musste.
Ich fand es unheimlich schön und auch beeindruckend zu beobachten, wie Petula durch Jacob auftaut, sich ganz langsam Stück für Stück öffnet und über das ganze Buch gesehen eine enorme Charakterentwicklung vollzieht. Das hat viel Spaß beim Lesen bereitet und mich sogar ein wenig stolz gemacht.
 
Susin Nielsen hat eines so richtig gut drauf, und das ist das Verflechten von Humor und ernsten Themen. Man geht mit Petula durch ihre Krankheit, allerdings nicht nur mit einem weinenden, sondern auch einem lachenden Auge, oft auch mit zwei lachenden Augen. Ich habe die Gespräche geliebt, die Situationskomik, die inneren Dialoge von Petulas erzählender Stimme, und dennoch wurde der Ernst des Themas nie geschmälert oder ins lächerliche gezogen, sondern stets achtsam behandelt.
 
Petula aus ihrer Ich-Perspektive erzählen zu „hören“, hat das Buch besonders gemacht. Sie zeigte dem Leser ihr Innerstes und machte ihre Sorgen und Ängste nachvollziehbar, wobei ich mir nicht die Kompetenz rausnehmen möchte, zu beurteilen, ob das nun realistisch dargestellt wurde oder nicht. Ich für meinen Teil war auf emotionaler Ebene immer nah bei ihr während der Erzählung und das hat das Leseerlebnis umso intensiver gemacht.
 
Mein Fazit:
Susin Nielsen hatte ein neues Lesehighlight für mich im Gepäck. Auch in diesem Buch schafft sie es scheinbar mühelos, Witz und Ernst miteinander zu verbinden, als seien sie alte Freunde, sie erschafft Figuren, die man einfach lieben muss und sie sorgt für große Emotionen.
Von mir gibt es volle 5 von 5 Sternen! 
⭐⭐⭐⭐⭐