Titel: Ohne dich
geschrieben von Erna Sassen
Illustriert von Martijn van der Linden
Übersetzt von Rolf Erdorf
Klappentext:
gebunden mit Farbschnitt, 264 Seiten
ISBN
978-3-7725-3113-2
ab 14 Jahren
Verlag
Freies Geistesleben
Preis (Print): 20,00€
Klappentext:
Der fünfzehnjährige Joshua - »Rembrandt« genannt – ist ein sensibler, aber auch wütender Junge mit einer besonderen Begabung fürs Zeichnen. Die Schule mag er nicht besonders und möchte sie lieber heute als morgen beenden. Damit ist er in seiner durch und durch bildungseifrigen Familie seit jeher ein Außenseiter.Halt und Freundschaft findet er bei Zivan, die mit ihrer Familie einst aus dem Irak geflohen ist. Doch dann kehrt diese in ihre Heimat zurück, und plötzlich ist Funkstille. E-Mails bleiben unbeantwortet, die Häkchen hinter den WhatsApp-Nachrichten grau. Da erfährt Joshua, dass Zivan mit ihrem Cousin verheiratet werden soll. Wird er sie jemals wiedersehen?
(Quelle Daten, Text & Cover inkl. Copyright: Verlag Freies Geistesleben)
Ohne dich hat mich sehr unentschlossen
zurückgelassen. Ich hoffe sehr, dass ich meine Gedanken am Ende der
Rezension besser geordnet habe, denn zum jetzigen Zeitpunkt kann ich
nicht sagen, wie meine abschließende Bewertung ausfallen würde.
Mich hat die optische Gestaltung sehr
angesprochen und als ich dann das Buch in den Händen hielt und sah,
dass es sogar einen Farbschnitt hat, war ich hin und weg. Ich konnte
mir auf die Zeichnungen zu Beginn noch keinen Reim machen, aber jetzt
nach dem Lesen kann ich vermelden, man wird sie verstehen, sie alle,
auch das Cover.
Mit dem Schreibstil habe ich mich
stellenweise leider sehr schwer getan. Ich habe mich insgesamt mit
dem Buch sehr schwer getan, und tatsächlich war ich mehrmals kurz
davor, es abzubrechen, weil ich das Gefühl hatte, es würde meinen
Erwartungen nicht gerecht, es wäre zu ausgefallen. Joshua erzählt
aus seiner Ich-Perspektive und wenn ich den Klappentext vorher nicht
noch einmal gelesen hätte, wäre ich bei seinem sprunghaften,
unruhigen Erzählstil wahrscheinlich sehr lange nicht
dahintergekommen, worum es bei ihm eigentlich konkret geht, was das
große Ganze ist.
Es wird jugendlich und dem Alter des
Protagonisten entsprechend geschrieben, allerdings mit vielen
stilistischen Wiederholungen, abgehackten Sätzen oder ähnlichem.
Ich habe mich nicht sanft an der Hand genommen und kontinuierlich
durch die Geschichte geführt gefühlt, sondern als hätte man mich
die ersten 50 Meter im Laufschritt hinter sich her gezerrt, dann für
eine Weile stehen gelassen und dann brutal weiter gezerrt.
Joshua als Protagonist ist.. schwierig.
Oft hatte ich Mitleid mit ihm, denn seine Situation ist weiß Gott
nicht einfach. Aber dann wiederum hat er sich derart unsensibel
aufgeführt, dass ich ihn am liebsten gepackt und geschüttelt hätte.
Ich schwankte ständig zwischen „Oh ja, ich verstehe dich“ und
„Was ist falsch mit dir?“. Auf der einen Seite habe ich mit ihm
mitfühlen können, auf der anderen fand ich sein Verhalten aber ab
und an auch wirklich unangebracht.
Als ebenso schwierig empfand ich das
Verhalten seiner Mitschüler. Es gibt niemanden, der sich nicht wie
ein Problemfall aufführt und mit solchen Personen umzugehen ist
mühsam. Dennoch darf ich nicht außer Acht lassen, dass diese Kinder
noch schlimmeres durchlebt haben als Joshua, also sollte ich wohl
Milde walten lassen.
Ich rechne Joshua jedenfalls hoch an,
dass er den Kopf nicht in den Sand gesteckt hat und auch gelernt hat,
sich zu behaupten, das hätte ich in diesem Umfeld auf jeden Fall
nicht gekonnt. Mir gefiel auch die Freundschaft, die sich langsam
entwickelte, das tat echt gut zu sehen, wie Joshua Rückendeckung
bekommt und auf der anderen Seite, wie die Rabauken langsam
durchsichtiger und verständlicher wurden.
Der Knackpunkt in der Geschichte ist
neben Joshuas Unsicherheit und seiner Angst, allein ohne Zivan zu
sein, die Tatsache wegen der Zivan eigentlich weg ist. Es wird viel
über die Kultur und Bräuche aus dem Irak erzählt, über die
Lebensweise. Leider gehört Zivans Familie dabei zum harten Kern
derer, bei denen die Frauen sich an strikte Regeln zu halten haben,
Gehorsam wird groß geschrieben. Zu lesen, was das Mädchen
durchmachen musste oder muss, war hart und ging mir sehr nahe,
während ich mich zugleich unfähig gefühlt habe, irgendwas dagegen
zu unternehmen, so gern ich das auch getan hätte. Ich hätte Zivan
gern in Schutz genommen und ihr gesagt, dass sie bei uns sicher ist,
ebenso wie Joshua das auch am liebsten getan hätte. Aber ich
verstehe, wie schwer es sein muss, sich von der Familie loszusagen,
und dass das viel Kraft erfordert, die ein junges Mädchen vielleicht
nicht allein aufbringen kann. Zivans Zwiespalt wurde gut
nachvollziehbar dargestellt und ausgearbeitet, wie ich finde, und ich
habe mehr als eine Träne vergossen im Laufe der Geschichte. Hier
wurde definitiv ein ernstes und wichtiges Thema angesprochen.
Aufgewertet und ergänzt wird das
Geschriebene durch Skizzen und Zeichnungen von Joshua, die in der
Geschichte eine große Rolle spielen. Dadurch kann das, wovon erzählt
wird, noch besser visualisiert werden und es lockert die Kapitel
meiner Meinung nach optimal auf.
Mein Fazit:
Uff. Ich bin immer noch
unentschlossen, wie ich das Buch nun fand. Das Thema ist bedrückend
und wichtig, ich bin emotional berührt worden und konnte phasenweise
richtig mitfühlen und-fiebern. Andererseits hat mir die Schreibweise
anfangs Probleme gemacht, genau das Verhalten des Protagonisten.
Dennoch hatte das Buch etwas, was es mich an einem Tag hat wegatmen
lassen, und etwas, woran ich mich noch länger erinnern werde. Daher
werde ich mich mit mir selbst nun auf 4 von 5 Sternen einigen und
hoffe, dass ich meinem Zwiespalt damit gerecht werde.
⭐⭐⭐⭐