Titel: Roxy - Ein kurzer Rausch, ein langer Schmerz
geschrieben von Neal und Jarrod Shusterman
übersetzt von Pauline Kurbasik, Kristian Lutze
Verlag: FISCHER Sauerländer
Erscheinungstermin: 23.02.2022
448 Seiten, Klappenbroschur
empfohlenes Alter: ab 14 Jahre
ISBN: 978-3-7373-6120-0
Verlag: FISCHER Sauerländer
Erscheinungstermin: 23.02.2022
448 Seiten, Klappenbroschur
empfohlenes Alter: ab 14 Jahre
ISBN: 978-3-7373-6120-0
Preis (Print): 16,00€
Klappentext:
Als Isaac der überirdisch schönen Roxy begegnet, zieht sie ihn sofort in ihren Bann. Er fühlt sich lebendig wie nie, alles ist leicht und nichts scheint unmöglich. Isaac ahnt nicht, dass Roxy kein normales Mädchen ist, sondern eine Droge, hergestellt in einem Labor, um die Menschen von ihrem Schmerz zu befreien. Und Millionen Menschen lieben sie dafür. Doch das ist Roxy nicht genug. Sie will beweisen, wie tödlich sie ist.
(Quelle Daten, Text & Cover inkl. Copyright: Fischer (Sauerländer))
Neal Shusterman steht ganz weit oben
auf der Liste der Schriftsteller*innen, von denen ich ohne zu zögern
jedes Buch lesen würde, egal worum es geht. Auch die Kombination mit
seinem Sohn Jarrod Shusterman gehört auf diese Liste, denn „Dry“
von den beiden hat mich unglaublich bewegt. So war es kein Wunder,
dass ich auch Roxy atemlos entgegengefiebert habe.
Ich habe mir mit dem Buch etwas Zeit
gelassen und mir die Geschichte eingeteilt, denn es war ein heftiges
Leseerlebnis. Manchmal musste ich innehalten und mir klar werden, was
genau ich da gerade gelesen habe, musste es Revue passieren lassen,
durchdenken, einordnen. Und so habe ich mich Stück für Stück durch
das Buch gearbeitet, um am Ende wieder zu dem Fazit zu kommen, zu dem
ich immer bei einem Shusterman-Buch komme: Unvergleichlich.
Dieses Buch zeichnet sich dadurch aus,
dass man nicht nur aus der Sicht auf die menschlichen Protagonisten
liest, sondern vor allem auch aus der Ich-Perspektive zweiter
Medikamente, Adderall und Oxycodon, oder kurz: Roxy. Das ist etwas,
was ich noch nie gelesen habe, personifizierte Medikamente und
Drogen. Erst war ich unsicher, ob das Ganze überhaupt
nachvollziehbar dargestellt werden kann, sodass es auch für Lesende
gut zu verfolgen und verstehen ist. Aber die Autoren haben mich nicht
enttäuscht und es auf faszinierende Art und Weise geschafft, das
Denken und Handeln der Drogen trotzdem in Ereignisse der „normalen“
Menschenwelt zu integrieren und einen Bezug herzustellen. Das genauer
zu erläutern würde spoilern, aber wenn man ein wenig nachdenkt,
ergeben viele Dinge, die zunächst kryptisch und eigenartig scheinen,
einen tiefen Sinn und können verknüpft werden.
Isaac und seine Schwester Ivy, welche
im Klappentext nicht genannt wird, meiner Meinung aber genauso
wichtig für die Geschichte ist, gehen beide unterschiedliche, aber
dennoch parallel verlaufende Wege. Sie lassen sich auf Drogen ein,
zunächst noch ganz unschuldig und vorsichtig. Beides sind
Medikamente, die den Menschen eigentlich helfen und den Alltag
erleichtern sollen, doch wie es in einer Story wie dieser
wahrscheinlich niemanden verwundert, ändert die Beziehung zu den
Drogen sich bald von leichter Unterstützung zur Abhängigkeit.
Diesen Wandel fand ich sehr spannend
dargestellt. Der Vergleich zu einer Romanze liegt nahe, wenngleich
der Drogenmissbrauch nicht romantisiert werden sollte, so meinte ich
das nicht. Es geht eher um das zarte Annähern bis zum Wendepunkt der
Beiziehung, das Herantasten an einander, das Aufbauen von Gefühlen,
die schleichend so stark werden, dass man sie nicht mehr leugnen
kann, sondern ihnen nachgibt, der Sucht nachgibt.
Die Menschen in der Geschichte fand ich
sympathisch dargestellt, die meisten sind „Normalos“ und so
gemein das klingt, ich meine das durch und durch positiv. Ich glaube,
dass viele sich auf diese Weise besonders mit Isaac identifizieren
können und das seine Entwicklung nur umso schockierender macht. Wenn
der nette Junge von nebenan von Schmerzmitteln abhängig wird, will
man das natürlich weniger wahrhaben, als wenn die betroffene Figur
bereits eine entsprechende Vorgeschichte hat.
Was mich allerdings richtig beeindruckt
hat, waren die personifizierten Drogen. Besonders Al, den Alkohol,
fand ich unglaublich passend, wahrscheinlich auch, weil er der
einzige war, den ich tatsächlich schon getroffen habe. Alle anderen
kenne ich nicht „persönlich“, aber dennoch hatte ich das Gefühl,
dass ihre Charaktere authentisch waren und zu ihnen passen. Wenn mir
jemand sagt, dass Charlie und Dusty, sie stehen für Kokain, gehässig
und gemein sind, ein wenig großkotzig und gern sticheln, dass sie
sich für etwas besseres halten und eine leichte Gangster-Attitüde
an den Tag legen, dann kann ich mir das gut ausmalen und finde es
irgendwie verblüffend passend. Da hat das Autoren-Duo ganze Arbeit
geleistet, vor der ich wie immer nur sprachlos meinen Hut ziehen
kann.
Ebenfalls sehr gut und vor allem auch
notwendig war in meinen Augen das persönliche Vorwort der beiden
Schreibenden bezüglich des Themas des Buches. Es wird noch einmal
darauf hingewiesen, dass Drogen hier keinesfalls verherrlicht werden,
sondern auch jene, die zu medizinischen Zwecken gedacht sind, stets
mit Vorsicht zu genießen sind. Ich hätte mir beinahe gewünscht,
dieses Vorwort wäre noch ein wenig aufrüttelnder, warnender
gewesen, mehr in Richtung Trigger-Warnung gehend. Aber dass es
überhaupt da ist, finde ich einen Schritt in genau die richtige
Richtung.
Mein Fazit:
Ich denke, ich habe meine Begeisterung
über dieses Werk bereits zum Ausdruck gebracht. Kurz und knapp: Ein
weiteres Highlight aus der Shusterman'schen Feder! Natürlich kann
ich wieder nicht anders, als eine eindringliche Leseempfehlung zu
vergeben, aber auch mit der Bitte, sich vorher über das Thema des
Buches klar zu sein.
⭐⭐⭐⭐⭐