Sonntag, 11. November 2018

Rezension zu "Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren" (Ali Benjamin)



Dass ich mir ein Buch tatsächlich mal neu im Laden gekauft habe, war schon etwas her, bis dieses kam. Bei vorablesen ging ich bei der Verlosung leer aus und wollte die Niederlage nicht auf mir sitzen lassen, sodass ich am Erscheinungstag direkt in der Buchhandlung meines Vertrauens eine entsprechende Bestellung aufgegeben habe. Und es hat sich gelohnt, wenn auch das Buch leider sehr kurz ist.

"Unsere beiden Geschichten haben sich eine Weile überlappt, lange genug, dass man sie für ein und dieselbe Geschichte halten konnte. Aber das stimmte nicht." (S. 16)

Die junge Suzanne, kurz Suzy, kürzer Su, ist ein wissbegieriges kleines Mädchen. Sie hat sich schon immer dagegen gewehrt, die Dinge einfach so hinzunehmen und deshalb auch stets alles hinterfragt. Sie macht sich Gedanken über Sachen, die andere Leute mit einem Schulterzucken abtun würden, und weiß deshalb für ihr Alter viele, verblüffende Dinge. Ihre beste Freundin Franny hat das früher beeindruckt, doch vieles hat sich im Laufe der Zeit verändert, bis Suzy eines Tages erfährt, dass Franny ertrunken sein soll. Suzy versteht das nicht, denn für ihre 12 Jahre war Franny bereits eine beachtlich gute Schwimmerin, und anstatt sich damit abzufinden, sucht das Mädchen nach einer Erklärung, selbst dann noch, als alle anderen bereits darüber hinweg scheinen. Bis sie am Ende feststellt, dass gewisse Dinge nun mal tatsächlich einfach passieren.

Das Buch ist in sieben große Abschnitte unterteilt, ähnlich einem Bericht über eine wissenschaftliche Hypothese oder einer Erörterung, wie die Kinder sie in der Story für den Naturwissenschaftsunterricht schreiben müssen. Jedem Abschnitt geht eine kleine Einleitung voraus, die einen Teil der Gliederung eines solchen Berichts erklärt, beginnend mit der Einleitung, der Formulierung einer Hypothese, dem Aufführen von Fakten, die die eigene Hypothese stützen, usw. Im Grunde genommen wird man also Zeuge, wie Suzys Theorie zum Tod von Franny langsam aber sicher Gestalt annimmt, weiter entwickelt wird und wie sie am Ende ihr Fazit daraus zieht.
Des weiteren wechselt die Zeit von Kapitel zu Kapitel, mal wird die Gegenwart nach Frannys Tod beschrieben, mal die Vergangenheit, angefangen mit dem ersten Treffen der Mädchen, dann die Entwicklung ihrer Beziehung zueinander bis hin zu ihrer letzten Begegnung, alles aus der Sicht von Suzy.

Die Sprache ist sehr einfach gehalten, nicht verwunderlich bei einer 12-Jährigen Protagonistin und Erzählerin, da passt der kindliche Sprachstil sehr gut. Suzy ist ziemlich clever, oft wirkt sie grüblerisch, geistig gleichermaßen zu alt wie zu jung für ihre bisherige Lebenserfahrung. Stets besorgt, aber nie um das, was die anderen von ihr halten, ist sie ein ungewöhnliches Mädchen.
Seit Frannys Tod ist sie stiller geworden und war in sich selbst zurückgezogen, auf der Suche nach Antworten auf Fragen, die sich außer ihr keiner stellt.

Die Geschichte hat mich wirklich berührt. Dass ein so junger Mensch derartige Gedanken und Lasten stumm mit sich herumträgt, regt zum nachdenken an. Doch die Botschaft des Buches ist ebenfalls wichtig: Manchmal passieren Dinge einfach, man kann sie nicht ändern und auch sonst nicht beeinflussen. Man muss sie annehmen und nicht weiter hinterfragen, auch wenn das schwer fällt. Nur so kann man damit abschließen und seinen eigenen Frieden mit einer Sache machen.

Mein Fazit:
Ein zauberhaftes, berührendes Debüt! Eine ungewöhnliche Protagonistin, sympathische und auch lustige Nebencharaktere, eine packende Story mit genialer Idee und großer Botschaft dahinter.
Lesenswert für Groß und Klein, eine klare Empfehlung meinerseits! 

Fünf von fünf Sternen
★★★★★🐙