Donnerstag, 15. November 2018

Rezension zu "Für immer und einen Herzschlag" (Zamsyn Murray)


Haaach... Herzschmerz und Gefühl pur! 

„Und ich fange an zu verstehen, warum sie innerlich so zerrissen ist, fange an, Leo zu sehen, wie sie ihn sah – unmöglich, an ihn heranzureichen, sogar jetzt noch.“

Der herzkranke Jonny hat kaum noch Hoffnung auf Genesung. Die Chancen, ein Spenderherz für ihn zu finden, stehen sehr schlecht, bis die etwa gleichaltrige Nia ihren Bruder bei einem Unfall verliert und das Herz des Toten Leo Jonny das Leben rettet. Organspenden sind immer anonym, doch Jonny spürt, dass das neue Herz erst zu ihm gehören wird, wenn er weiß, wer für ihn gestorben ist. Er macht sich auf die Suche nach in Frage kommen den Spendern und baut, um etwas über Leo zu erfahren, eine Freundschaft zu Nia auf, die sich bald zu mehr entwickelt. Doch die Wahrheit über sein Herz steht weiterhin zwischen ihnen.. wird er Nia den wahren Grund anvertrauen, aus dem er sie kennenlernen wollte?

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Nia und Jonny erzählt. Man erlebt Leos Unfall aus der Ich-Perspektive durch Nia hautnah mit, und man erfährt auf der anderen Seite, wie Jonnys Alltag im Krankenhaus, abhängig von lebenserhaltenden Maschinen verläuft. Ab da nehmen die Geschehnisse ihren Lauf, man ist durch die Erzählweise direkt dabei und kann die Gedanken und Gefühle der beiden Protagonisten sehr gut nachvollziehen.
Die Sprach ist einfach gehalten, wie man es von 15-Jährigen Erzählern auch erwarten würde. Nia ist oft mürrisch und genervt, besonders, wenn es um ihre Familie geht. Jonny hingegen verhält sich wie der nette, schüchterne Junge von nebenan, beide ergänzen sich gut. Das Buch liest sich sehr angenehm, leicht und locker, sodass man es schnell durch hat.

Schon vor Leos Tod stand Nia, obwohl sie als Zwillinge gleich alt sind, immer im Schatten ihres Bruders. Sie fühlte sich stets weniger wert, weswegen das früher gute Verhältnis zwischen den Geschwistern im Laufe der Jahre weiter und weiter abkühlte und Nia auf Provokationen oder Annäherungen ihres Bruders nur noch wütend oder abweisend reagierte. Auch von ihren Eltern bekommt sie nicht die gewünschte Aufmerksamkeit und Unterstützung, besonders nach Leos Tod, wo sie sie am meisten gebraucht hätte, ist jeder mit sich selbst und seiner eigenen Trauer beschäftigt und Nia fühlt sich im Stich gelassen. Der einzige Trost ist Jonny, mit dem sie sich anfreundet, denn er sieht sie unvoreingenommen, ohne Leo als Vergleich.
Jonny hat einen großen Teil seiner Jugend schon im Krankenhaus verbracht, angewiesen auf eine Maschine, die sein Herz unterstützt. Als er die Nachricht erhält, dass ein Spender für ihn gefunden wurde, kann er es zunächst nicht fassen und hat dann schließlich das Bedürfnis, aufzuklären, wem das Herz einst gehörte und wer dieser Mensch war, was er für ein Leben geführt hat. Nia ist für ihn zunächst nur ein Mittel zum Zweck, um mehr über Leo herauszufinden, doch schon bald verliebt er sich in sie, obwohl er ahnt, dass das kein gutes Ende nehmen kann.
Der herzensgute, freundliche Jonny, der keine Fliege was zu Leide tut, und die grimmige Nia mit der harten Schale sind wirklich ein gutes Team. Ihre Dialoge und die Nachrichten, die sie sich schreiben, sind oft geprägt von trockenem Humor, das liebe ich.

Dieses Buch war wirklich sehr außergewöhnlich. Die Themen Organspende und Kindestod sind gewiss nicht leicht zu einer Geschichte zu verarbeiten und erfordern einiges an Recherche und vor allem auch Feingefühl. Mich hat das Schicksal der Familien der beiden Hauptcharaktere sehr berührt und ich habe tatsächlich mit ihnen gelitten. Als jemand, der bisher noch nie einer solchen Trauer ausgesetzt war, wäre es für mich normalerweise schwer nachzuvollziehen, doch ich finde, wie die Autorin hat das Leid der Betroffenen rübergebracht hat, war glaubwürdig.
Die zarte Liebesgeschichte inmitten dem Drama hat mein Herz zum Schmelzen gebracht. Zunächst hat Jonny sich an Nias Art ganz schön die Zähne ausbeißen müssen, doch je näher sie sich kamen, desto mehr taute Nia auf. Es war so schön mitzuverfolgen, wie sich erst die Freundschaft und dann Liebe entwickelte, mit allen Höhen und Tiefen.
Einige Wendungen hielten die Geschichte spannend, besonders am Ende mochte ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen.

Mein Fazit:
Wenn ein Autor es schafft, mich zu Tränen zu rühren, hat er mit seiner Geschichte alles richtig gemacht. Einfach ergreifend und herzzerreißend, liebenswürdige Charaktere und eine großartige Idee. Schnappt euch die Taschentücher und begebt euch mit Nia und Jonny auf eine Reise gleichzeitig voller Trauer und doch auch voller Hoffnung.
Eine klare Leseempfehlung von mir!

Fünf von fünf Sternen
★★★★★