Freitag, 16. November 2018

Rezension zu "Gelobtes Land - Hoop" (Christine Heimannsberg)


Hinter den Wäldern mein Kind,
liegt das Glück ganz bestimmt.
Sorge dich nicht, schlafe ein,
wirst in Träumen dort sein.
Friedliches, friedliches,
friedliches Land.“

In der Zukunft sieht es in der Welt nicht mehr so aus wie früher. Es gab einen „Vorfall“, eine Naturkatastrophe, die das Leben aller verändert hat. Die Leute leben entweder unter dem strengen Regiment der neuen Regierung oder in Clans auf dem Land, doch es gilt überall: Männer sind wertvoller als Frauen und werden stets bevorzugt behandelt.
Die 18-Jährige Lore hat sich mit ihrem Dasein im Schatten ihres jüngeren Bruders abgefunden, denn sie hat es nicht unbedingt schlecht gehabt bisher. Vor allem Jul, ihr heimlicher Freund, ist ihre größte Motivation, bis zu dem Tag, als sie von einem gemeinsamen Treffen zurückkehrt und ihre Familie im Chaos vorfindet. Ihr Bruder Jame hat den Anführer eines benachbarten Clans getötet und muss in Sicherheit gebracht werden, Lore bekommt von ihrer Großmutter den Auftrag, mit ihrem Bruder ins „gelobte Land“ zu fliehen, einen sagenumwobenen Ort, von dem niemand weiß, ob und wo er existiert.
Jame und Lore müssen alles zurücklassen, und das nur für einen eventuellen Mythos. Werden sie ihr Ziel erreichen, wird sich ihre Mühe am Ende auszahlen?

Das Cover des Buches ist eher unscheinbar. Man sieht den Titel und einen Baum, das war's auch schon, aber das muss nicht unbedingt schlecht sein. Weniger ist manchmal mehr, auch wenn ich finde, dass man in diesem Fall vielleicht etwas mehr hätte daraus machen können. Es sieht nicht unbedingt aus die das Cover einer typischen Dystopie, und hätte mich auf den ersten Blick nicht angelockt, sondern wenn dann erst auf den zweiten oder dritten.

Die Story erzählt Lore aus ihrer Ich-Perspektive, und zwischen den normalen Kapiteln gibt es immer wieder Rückblenden, in denen sie sich an die gemeinsamen Anfänge mit Jul erinnert. Man konnte all ihre Gedanken und Gefühle sehr gut nachvollziehen und sie wirkten immer authentisch.
Der Schreibstil ist nicht kompliziert und relativ einfach gehalten, in der typisch jugendlichen Sprache passend zur Protagonistin. Das Buch lässt sich sehr leicht lesen, ich persönlich war von der Geschichte gefesselt und habe gar nicht gemerkt, wie die Seiten an mir vorbeigeflogen sind, besonders im letzten Drittel war ich vom Gefühl her eins mit der Geschichte, weil es so spannend war.

Lore ist als Tochter von Bauern harte Arbeit gewöhnt. Da sie ein Mädchen ist, werden sie und ihre Schwestern weder geschont noch geschätzt, anders als ihr Bruder Jame, das Herzblatt ihrer Mutter Lida. Doch Lore hat ein persönliches Licht am Ende des Tunnels: ihren Freund Jul. Bis sie volljährig ist, muss ihre Beziehung geheim bleiben, denn vorher sind Annäherungen an Mädchen für alle Männer strafbar, doch der Plan einer gemeinsamem Zukunft wird durch die Flucht mit Jame von jetzt auf gleich zerstört. Während sie sich durch die Natur vermeintlich in Richtung gelobtes Land kämpfen, beweist nicht nur Lore eine bemerkenswerte Stärke, sondern auch ihr Bruder Jame wird härter und tougher. Ihre geschwisterliche Beziehung wird enger und es ist wunderschön mitzuerleben, wie sich gegenseitig stützen. Die Liebe, die in den meisten Dystopien im Vordergrund steht, ist in diesem Buch eher Nebensache, was wirklich ungewöhnlich ist, dafür sind die beiden Geschwister ein absolutes Traumteam.

Dieses Buch hat mich an sehr vielen Stellen an die Trilogie Gebannt/Getrieben/Geborgen von Veronica Rossi erinnert, wo es ebenfalls darum geht, einen sicheren Ort, um den sich die Geschichten ranken, zu finden. Völlig neu war diese Idee also nicht und da die eben genannte Trilogie zu meinen Lieblingsbüchern zählt, ist es schwer für „Gelobtes Land“, dieses Level zu erreichen. Dennoch hatte ich Spaß bei der Lektüre dieses Buches und es ging mit einigen Passagen dazwischen, die sich leicht gezogen haben, von einer spannenden Situation in die nächste. Was ich mir gewünscht hätte, wäre etwas mehr Information zu den Zuständen der Erde, wie sie im Klappentext schon angedeutet werden.

Mein Fazit:
Ein gut gelungener Auftakt zu einer Trilogie, mal was anderes als die üblichen Dystopien, wenn auch nicht komplett neu für mich. Etwas mehr Hintergrundinfo wäre schön gewesen, doch die Bruder-Schwester-Beziehung im Fokus des Buches hat vieles wieder wett gemacht.
Ich freue mich schon auf den nächsten Teil und bin gespannt, wie es mit Lore, Jame und ihren Begleitern weiter geht. 

Vier von fünf Sternen
★★★★☆